Innenminister spielt Hildopoly

Nordrhein-Westfalens SPD-Innenminister Fritz Behrens will mit kommunalen Bürgerhaushalten Verständnis für die Finanzkrise der Städte wecken. Mitbestimmen sollen die Bürger aber nicht

AUS DÜSSELDORF ANDREAS WYPUTTA

Mehr Verständnis, aber keine Mitbestimmung: Landesinnenminister Fritz Behrens fordert die nordrhein-westfälischen Städte und Gemeinden auf, ihren Bürgern die leeren Kassen besser zu erklären. „Ein voller Erfolg“ sei das Modellprojekt des kommunalen Bürgerhaushalts, das der nach der Kaplan-Affäre angeschlagen wirkende Behrens gestern zusammen mit der Bertelsmann-Stiftung vorstellte.

Über drei Jahre wurde das von der Stiftung erarbeitete Konzept in den Städten Castrop-Rauxel, Hamm, Hilden, Monheim, Vlotho und Emsdetten getestet. Das Ergebnis ist ein bunter Mix aus Bürgerversammlungen, Fragebogenaktionen und Online-Abstimmungen – die Bewohner Hildens durften sogar das von der Stadtverwaltung herausgegebene Spiel „Hildopoly“ spielen, um die Finanzplanung der Stadtverwaltung besser nachvollziehen zu können. Denn der noch immer auf preußischer Kameralistik beruhende Entwurf ist für Laien schlicht unverständlich: „Für die meisten Menschen ist der Haushalt ein Buch mit sieben Siegeln“, weiß der Minister.

„Wir wollen, dass sich mehr engagierte und informierte Bürger an politischen Prozessen und Entscheidungen beteiligen“, betonte auch Marga Pröhl vom Vorstand der Bertelsmann-Stiftung. Vor Ort aber bleibt oft nur Mangelverwaltung: In Vlotho setzten sich die Menschen für den Erhalt eines Waldfreibads ein – und gründeten ihren eigenen Förderverein. Die von jahrzehntelang nur notdürftig geflickten Straßen genervten Bürger Hamms wollten dagegen keinerlei Kürzungen bei den Mitteln für Straßen und Radwege. „Wir möchten den Menschen ein Bewusstsein für die anfallenden Kosten vermitteln“, so Pröhl. „Die Bürger sollen mitentscheiden, ob ein neues Feuerwehrfahrzeug gekauft oder die Bibliothek erhalten wird.“

Mitentscheiden dürfen die Menschen aber bestenfalls indirekt – Behrens fehlt der Mut, den Bürgerhaushalt zu einem wirklichen Instrument der direkten Demokratie auszubauen. „Die Entscheidung und die Verantwortung über den Haushalt bleibt beim Rat“, stellte der Minister klar. Selbst verbindlich anordnen will Behrens die Bürgerbeteiligung nicht: „Wir werden nicht mit dem Knüppel des Gesetzes drohen, wir setzen schlicht auf Vernunft.“ Die Hoffnung des Ministers: Befragte Politiker gaben an, die Prioritäten der Wähler durch das Projekt besser kennengelernt zu haben – und so mehr Akzeptanz für Einsparungen erreichen zu können. Behrens hofft deshalb auf mehr Verständnis auch für die politischen Akteure und eine höhere Wahlbeteiligung: „Die Bürger werden die Mitbestimmung honorieren.“