: Vereint gegen Farbe
Drei Tage lang wurden in Dortmund Mittel gegen Graffitis ausgestellt. Die Städte sollen die teuren Farbtupfer mit Orangenöl und Folien loswerden
AUS DORTMUNDNATALIE WIESMANN
Ganze drei Tage lang haben sich in Dortmund Graffiti-Bekämpfer bei einer Fachtagung versammelt. In Vorträgen und an Ständen wurden neben Methoden der Graffiti-Entfernung auch Prophylaxe-Konzepte vorgestellt. Zur Messe hatten die Stadtwerke Dortmund geladen, die nach eigenen Angaben jährlich 200.000 Euro an Beseitigungskosten aufwenden müssen.
Obwohl Graffiti und Schmierereien laut Veranstaltern als großes Problem gesehen werden, tauchten an den 25 Messeständen nur vereinzelt private Interessenten auf. Dabei wurden die unterschiedlichsten Mittel gegen die Graffitis entwickelt: Da gibt es ein Unterdruck-Strahlsystem in Form eines Riesenstaubsaugers. Zur Verhinderung von Kratz- und Ätzgraffiti (“Scratching“ und „Etching“) sind extra Folien entwickelt worden, „die dem Täter das Gefühl geben, dass er die Scheibe schädigt“. Die Firma Hamann bietet den Spezialentferner für ein paar Euro, der auch die aggressiven Graffiti-Spezialstifte mit der Aufschrift „Nach dem Gebrauch verschließen und schnell wegrennen“ von Scheiben entfernen soll. Ein weiterer Anbieter wirbt mit einem Orangenöl-Produkt als Graffiti-Töter. Dieses Mittel überzeugt den Presbyter Winfried Göttl aus dem Kreis Unna. „Ich will mit unserem Männerdienst unser verschmiertes Gemeindezentrum in Ordnung bringen“, sagt der Kirchenvorstand.“ Er kauft gleich ein paar Flaschen.
Jugendamt und auch Polizei setzen bei der Messe auf Verständnis. An ihren Ständen liegen Broschüren aus, die die Jugendlichen vom Sprühen oder Kratzen abhalten sollen. „Ruf doch einfach dein Jugendamt an und frag nach freigegebenen Flächen“, lautet der Tipp vom Landeskriminalamt. Nur die Sprayer fehlen, um die Botschaft zu hören. Ralph Krüger von der Agentur „More than words“ klärt herumstehende Graffiti-Entferner über Präventionskonzepte auf. „Wenn du den Kampf nicht gewinnen kannst, verbünde dich mit dem Feind“, philosophiert der Mitvierziger, während er lässig seine Brille abnimmt. Sein Unternehmen bietet Mitmachwerkstätten für Schüler an, die sich an dafür freigegebenen Wänden unter Anleitung austoben sollen.
Eine andere Philosophie vertritt ein Unternehmen, das im Berliner Regierungsviertel für weiße Wände sorgt: „Wenn man drei Tage hintereinander sofort das Graffiti entfernt, haben die Schmierfinken keine Lust mehr“, so der Vertreter. Er gesteht, Verfechter der Null-Toleranz-Politik zu sein. „Jedes kleine Delikt soll eine hohe Strafe nach sich ziehen, so wie in New York“.
In diese Richtung geht auch die Kritik des Siedlerbunds Deutschland. Er fordert von der Bundesregierung schärfere Vorschriften gegen Graffiti-Verschmutzungen. Täglich verursache das Graffitiunwesen rund eine halbe Million Euro Schaden, erklärte der Verband zum Auftakt einer eigenen Tagung in Dortmund. Häufig seien Privateigentümer die Leidtragenden, sagt der Verbandspräsident Alfons Löseke. Sie brächten jährlich rund 30 Prozent der insgesamt 200 Millionen Euro Sanierungskosten in Deutschland auf. Den Rest zahle der Steuerzahler, so Löseke. Doch weder die Hausbesitzer noch andere Leidtragende waren auf der Messe anwesend.