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Archiv-Artikel

Verfassungsstreit ums Revier

Das Gesetz zum neuen Regionalverband Ruhr soll verfassungswidrig sein. Ein von der CDU in Auftrag gegebenes Gutachten kommt zu diesem Ergebnis. SPD und Grüne wollen aber nicht nachbessern

VON PETER ORTMANN

Das Gesetz zum neuen Regionalverband Ruhr (RVR), der am 1. Oktober den Kommunalverband Ruhr (KVR) ersetzen soll, ist angeblich verfassungswidrig. Das von der nordrhein-westfälischen Regierungskoalition gestärkte Zentralorgan der Ruhrgebietsgemeinden könnte kurz vor dem Ziel gestoppt werden. Das ergab ein Rechtsgutachten, das der Verbandsausschuss im KVR in Auftrag gegeben hat und der taz vorliegt.

Der von Verbandsdirektor Gerd Willamowski ausgesuchte Rechtsanwalt und Spezialist für Verwaltungsrecht, Christian-Dietrich Bracher aus Bonn, kommt zu dem Ergebnis, dass die künftige Besetzung des Vorstandes nicht die Mehrheitsverhältnisse in der Verbandsversammlung widerspiegele. Auslöser ist ein Paragraph, der insbesondere die kleineren Gemeinden und Landkreise anteilmäßig benachteilige, wodurch die Einflussnahme des so genannten Ruhrparlaments auf den einflussreichen Vorstand zu gering würde. Und da dies mit dem Grundsatz der gleichen Wahl in Verbindung mit dem Grundsatz der Repräsentation unvereinbar sei, könne kein ordnungsgemäßer Vorstand gebildet werden und damit sei das Gesetz zum RVR unwirksam.

In einer gemeinsamen Erklärung der Landtagsfraktionen von SPD und Grünen wurden die Vorwürfe gestern Nachmittag komplett zurückgewiesen. „Die in dem vom KVR in Auftrag gegebenen Gutachten enthaltene Behauptung, das Gesetz für den RVR sei verfassungswidrig, ist falsch“, erklärte SPD-Generalsekretär Michael Groschek zusammen mit dem Ruhrgebietsabgeordneten Thomas Rommelspacher von den Grünen. Es gäbe nichts nachzubessern.

Auch die Landesregierung reagierte gelassen. Sie will erst prüfen, ob es sich nur um eine juristische Einzelmeinung oder doch um gravierende, technische Mängel im Gesetz handele. „Der 1. Oktober ist aber nicht gefährdet“, sagt auch Ludger Harmeyer, Sprecher des Innenministeriums. Zu Fall bringen könnte die Rechtsvorschrift nur die mögliche Klage einer Landtagsfraktion vor dem Verfassungsgericht.

Doch diesen Weg will auch die Opposition nur im Notfall gehen. CDU und FDP wollen erst einmal prüfen. Ein Sprecher der CDU bestätigt, dass sich die Fraktion noch nicht ausreichend mit dem Ergebnis des Gutachtens beschäftigt habe. Zusammen mit einer schwarz-grünen Stimme von den Recklinghäuser Grünen war die Überprüfung des Gesetzes von den Christdemokraten beantragt worden. Nun soll die Landesregierung aufgefordert werden, die strittigen Passagen im Gesetzestext zu ändern, sagt Wilhelm Jasperneite, der Vorsitzende der CDU-Fraktion im KVR. „Das kommt davon, wenn man ein schlampig ausgearbeitetes Gesetz durch den Landtag peitscht“, wettert Ingo Wolf, Vorsitzender der FDP-Landtagsfraktion und fordert sofortige Nachbesserung. Doch ob die wirklich kommen muss, bleibt strittig.