: Bildungsziel Deutsch für Kitas
Mehr Bildung in die Kitas: Kultusminister verabschieden Rahmenvereinbarung für alle Länder. Die Kindergärten handhaben Lernziele bisher unterschiedlich. Eliteförderung ist aber nicht zu erwarten. Oft kommt es nur auf den Ausgleich von Defiziten an
VON BARBARA DRIBBUSCH
In der „Kita des KOTTI“ in Berlin-Kreuzberg sind die Lernziele klar: „Deutsch ist bei uns Verkehrssprache. Diese Kompetenz müssen wir erweitern, aber auch die Muttersprachen der Kinder werden gesprochen“, sagt Erzieherin Regina Dirkmann. Fünf ErzieherInnen betreuen 38 Kinder, jeden Morgen begrüßen sich die Sprösslinge nacheinander in zehn verschiedenen Herkunftssprachen. „Sprachliche Bildung“, so Dirkmann, „gehörte bei uns schon immer dazu.“
Dirkmann ist eine von vielen tausend Erzieherinnen in Deutschland, die sich neuerdings auch an den Bildungsrichtlinien für Kitas orientieren, die von den zuständigen Senatsverwaltungen oder Ministerien der Bundesländer herausgegeben wurden. In einigen Ministerien sind diese Richtlinien noch in Arbeit. Die Kultusministerkonferenz wollte gestern in Mainz eine Rahmenvereinbarung dazu beschließen. Die Beratungen dazu dauerten bei Redaktionsschluss noch an.
Für Dirkmann liefert das Berliner Bildungsprogramm für Kitas vor allem „Anregungen“, aber keinesfalls müsse man das „in Gänze umsetzen“. Allzu strenge Vorgaben etwa zum frühzeitigen Erlernen von Schreiben oder Rechnen gibt es in dem Bildungsprogramm mit Absicht nicht.
So sollen laut dem Berliner Programm die Kleinen zwar beispielsweise „Preisvergleiche“ beim Einkaufen machen können und die „Zahlen auf dem Telefon oder der Fernbedienung“ identifizieren können, auch „Zählen lernen“ und das Wesen der „mathematischen Grundoperationen wie Subtrahieren“ sollen vermittelt werden. Aber systematische Rechenaufgaben stehen nicht im Programm.
„Die Ermöglichung früher Begegnung mit Schriftsprache (nicht Einübung!) ist Bestandteil sprachlicher Bildung“, heißt es weiter in den Berliner Richtlinien. Dazu gehöre beispielsweise, „Wörter in der Umgebung der Kita“ abzuschreiben oder einzelne Gegenstände der Kita zu benennen, auch in mehreren Sprachen, und diese Wörter dann auf Zettel zu schreiben. Wer jedoch erwartet, dass der Nachwuchs künftig schon das Alphabet aufsagen kann, wenn er in die Grundschule kommt, wird enttäuscht – das Spielerische steht im Vordergrund.
Und jede Kita ist anders: Im katholischen Kindergarten „Pusteblume“ in Stuttgart beispielsweise üben sich die 43 überwiegend deutschen Kinder im „Würzburger Sprachmodell“, einem Förderprogramm aus Reim- und Wortspielen. „Die Kinder haben heute mehr Probleme im Sprachbereich, oft ist der Wortschatz reduziert, das liegt wohl am Medienkonsum“, sagt Erzieherin Patricia Hagen, „dem muss man entgegenwirken.“
Die BetreuerInnen sind nicht zuletzt damit beschäftigt, Defizite ihrer Sprösslinge auszugleichen. „Viele Kinder haben Probleme, sich zu konzentrieren“, schildert Hagen.
Eliteförderung ist daher auch durch Bildungspläne nicht zu erwarten – eher liefern die Richtlinien Munition für Eltern, die sich mehr Förderung wünschen. Denn auch die Ansprüche der Grundschulen an die Neuzugänge steigen, beobachtet Hagen.
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