Teures Pflaster

Altenpflegerin wird zu einer Geldbuße verurteilt, nachdem sie eine Patientin ungewöhnliche ruhig stellte

Nach elf Jahren Dauerstress als Altenpflegerin ist Yvonne E. in dem Moment der Kragen geplatzt, als sie im Zimmer einer über 80-jährigen demenzkranken Frau war. Diese redete unaufhörlich vor sich hin, und die 33-Jährige hielt es nicht mehr aus. Statt aber um Ablösung zu bitten, griff sie zu einem Pflaster und packte es der Patientin auf den Mund. Das war im November 2001. Seitdem ist Yvonne E. arbeitslos. Das strafrechtliche Verfahren wegen Körperverletzung und Nötigung, das die Leitung der Seniorenwohnanlage Alsterpark zudem mit einer Anzeige eingeleitet hatte, wurde nun eingestellt – gegen eine Bußgeldzahlung von 1.200 Euro.

„Dieser Vorfall hat unser Leben sehr verändert“, murmelte der Mann von Yvonne E., nach Abschluss des Verfahrens. Dabei, fügte er hinzu, sei alles anders gewesen als von der Staatsanwaltschaft behauptet: Seine Frau habe der Pflegebedürftigen das Pflaster nur auf den Mund gelegt, und nicht geklebt. Anderes hatte die Kollegin behauptet, die ins Zimmer geplatzt war und die Patientin mit dem Pflaster vorgefunden hatte. Diese hatte aber vor der Polizei eingeräumt, dass Yvonne E. das Pflaster kurz darauf entfernte.

Die Staatsanwältin stimmte zu, dass die Beeinträchtigung der Patientin nur „geringfügig“ war, bezeichnete das Vorgehen aber als „ungeheuerlich“. Auch der Richter hält den Vorfall für nicht so gravierend, dass Yvonne E. zwingend bestraft werden müsse. Eine Geldbuße sei aber erforderlich. Schließlich einigten sich die Beteiligten darauf, dass Yvonne E. 1.200 Euro an ein SOS-Kinderdorf zu zahlen hat. Für sie ist die Sache nicht ausgestanden. Vor dem Arbeitsgericht muss noch über die Klage verhandelt werden, die sie gegen ihre fristlose Kündigung eingereicht hat. EE