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Archiv-Artikel

standbild Wie wir alle bei Schmidt waren

„Harald Schmidt Show“

(Do., 23.15 Uhr, Sat.1)

Vorgestern war ich überraschend bei Harald Schmidt zu Gast. Also jetzt nicht direkt ich, sondern irgendwie „wir um die 30“, also meine Generation, also unser aller Klassensprecher Florian Illies, ehemaliger FAZ-Journalist und Erfinder der „Generation Golf“.

Mannomann, was waren wir nervös! Mit verschränkten Armen und Beinen sitzen wir da neben Schmidt, was den häufigen Griff zum Wasserglas nur unter grotesken Verrenkungen erlaubt. Aber wir plappern einfach druckvoll drauflos. Lassen den bewährten Schwank von der Rezession vom Stapel, die unsere Generation im Würgegriff halte. Wie überhaupt wir ja derzeit alle graue Schläfen und rosige Kinderlein bekommen, was wir dann unbestechlich niederschreiben: Wir sind alle der New Economy auf den Leim gegangen; wir sind alle „in einer Blase“ aufgewachsen, wie es sich für Schaumschläger gehört; wir ahnen jetzt erst den Ernst des Lebens – den jene, denen wir damit imponieren wollen, natürlich längst kennen. Dabei gebärden wir uns eben manchmal – Selbstkritik muss sein – ein wenig linkisch, streberhaft und nassforsch. Na und? So wird man eben, wenn man eigentlich nichts anderes macht, als fortwährend Frank Schirrmacher die „Generation Golf“ zu erklären. Der Schirrmacher freut sich dann immer: der Ernst des Lebens, also doch. Rezession, kenne ich. Noch Rotwein?

Bei Schmidt aber fällt das Speichellecken schwer, weil der gegen selbstverliebte Spiegelungen mittelständischer Eitelkeiten offenbar immun ist. Am Ende wollen wir ihn bei seiner Eitelkeit packen und in ein Gespräch über Brillenmoden verwickeln. Aber Schmidt entzieht sich, indem er uns unterbietet: „Meine Brille stinkt so sehr, dass ich nachts von dem Gestank kaum schlafen kann.“ Nein, so einer gehört nicht zu uns. So einer macht weiter seine Witze und überlässt uns dem Ekel, dem Ekel vor uns selbst. Und damit vor unserer erbärmlichen Generation. Und damit vor unseren medialen Anwälten mit ihrer eingebauten Vollmacht zur diskursiven Deutungshoheit. Und damit, so schizophren das sein mag, auch vor Gestalten wie Florian Illies. Und damit erst recht vor Typen wie ARNO FRANK