: CIA-Chef gibt sich die Kante
Geheimdienstchef George Tenet überraschend zurückgetreten. US-Präsident Bush akzeptiert die Demission. Zahlreiche Pannen und Fehlinformationen kennzeichnen Karriere des Bush-Loyalisten
WASHINGTON afp/taz ■ Nach monatelanger Kritik an seiner Behörde hat der Direktor des US-Geheimdienstes CIA, George Tenet, seinen Rücktritt eingereicht. Tenet habe „persönliche Gründe“ für seinen Entschluss angeführt, sagte US-Präsident George W. Bush am Donnerstag in Washington. Er bedauere die Entscheidung, habe sie jedoch akzeptiert. Der CIA-Chef solle noch bis Mitte Juli im Amt bleiben. Sein Stellvertreter John McLaughlin werde dann kommissarisch die Leitung der Behörde übernehmen. Tenet stand wegen möglicher Pannen im Vorfeld der Terroranschläge vom 11. September 2001 und wegen Falschinformationen über angebliche irakische Massenvernichtungswaffen in der Kritik.
Der US-Präsident dankte dem 51-Jährigen für den „hervorragenden Job“, den er an der Spitze der CIA „für das amerikanische Volk“ geleistet habe. Tenet sei der Behörde ein „starker und fähiger Führungsmann“ und im Kampf gegen den Terrorismus „ein starker Führer“ gewesen. „Ich werde ihn vermissen“, sagte Bush. Ex-CIA-Chef Stansfield Turner sagte dagegen im Fernsehsender CNN, er gehe davon aus, dass Tenet zum Rücktritt gedrängt worden sei. Tenet sei zu loyal, „um den Präsidenten in der Mitte des Wahlkampfes im Stich zu lassen“, sagte Turner.
Tenet war im Juli 1997 vom damaligen US-Präsidenten Bill Clinton zum CIA-Chef berufen worden. Er ist damit einer der am längsten amtierenden Chefs der Geheimdienstbehörde. Bush behielt ihn nach seinem Amtsantritt an der Spitze der Behörde.
Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 geriet die CIA massiv in die Kritik, als Vorwürfe laut wurden, die Behörde hätte die Attentatspläne aufdecken und den Tod von fast 3.000 Meschen verhindern können. Ins Kreuzfeuer der Kritik geriet Tenet im vergangenen Jahr, als sich Geheimdienstberichte über angebliche irakische Massenvernichtungswaffen als falsch herausstellten. Im Juli 2003 übernahm der CIA-Chef die Verantwortung für eine kontroverse Passage aus Bushs Rede zur Lage der Nation, in der der US-Präsident den Exdiktator Saddam Hussein bezichtigt hatte, sich in Afrika um Uran für Atomwaffen bemüht zu haben. Dieser Vorwurf erwies sich später als unhaltbar. Der CIA wird zudem vorgeworfen, Berichte über die angeblichen irakischen Massenvernichtungswaffen auf Grundlage unbestätigter oder strittiger Quellen zusammengestellt zu haben. Allerdings gibt es auch Berichte, das Weiße Haus habe die CIA hierzu gedrängt.
Tenet, ein Sohn griechischer Restaurantbesitzer in New York, gehörte zu den wenigen hohen Mitarbeitern der Clinton-Regierung, die von Bush übernommen worden waren. Der 51-Jährige ist nach Finanzminister Paul O'Neill und der Umweltschutzdirektorin Christie Whitman erst das dritte ranghohe Regierungsmitglied, das aus dem Bush-Team ausscheidet.