: Feuer aus dem Ozean
Auf der Suche nach Energiequellen, die fossile Energieträger wie Öl und Gas ergänzen sollen, sind Dortmunder Forscher auf dem Boden des Ozeans fündig geworden. Dort lagert eingefroren: Methan
VON HOLGER ELFES
Ein Dortmunder Forscherteam will in naher Zukunft Methan vom Meeresboden abbauen. Das wirtschaftliche Potenzial ist hoch. „Konservativ geschätzt übertrifft die Energie in den Gashydratvorkommen die aller anderen fossilen Energieträger um über 100 Prozent“, erläutert der Forscher Heyko Jürgen Schultz.
Neu ist die Entdeckung nicht. Es handelt sich um gefrorenes Methangas, das bei hohem Druck von mindestens 50 bar und Wassertemperaturen um die 0 Grad Celsius als eine Art Eisklumpen in 500 bis über 1000 Metern am Grund oder in den Sedimentschichten darunter liegt. Es ist ein Stoffwechselprodukt von Bakterien, die Plankton zersetzen. Ähnlich wie Diesel aus Raps oder Feuerholz aus dem Wald ist das Gas also ein nachwachsender Rohstoff.
„Das Problem ist bisher jedoch die Förderung des Gashydrats“, gibt Professor Hans Fahlenkamp vom Fachbereich Bio- und Chemieingenieurwesen an der Uni Dortmund zu bedenken. Sobald nämlich der Umgebungsdruck nachlässt oder die Temperatur ansteigt, perlt das Eis wie Kohlensäure in einer zuvor heftig geschüttelten Mineralwasserflasche aus. An die Oberfläche steigen dann nur Bläschen, die man nicht mehr einfangen kann. In seiner Promotion am Lehrstuhl von Professor Fahlenkamp hat Heyko Jürgen Schultz ein Verfahren erarbeitet, das energiereiche Gas aus den unterseeischen Eisklümpchen kostengünstig an die Oberfläche zu bringen. Das viel versprechende System beruht auf der Idee eines Doppelrohres, das von einer Bohrinsel oder einem Bohrschiff bis unter den Meeresgrund reicht. Zwei Röhren stecken dabei ineinander. Durch die eine fließt ca. 30 bis 40 Grad warmes Meerwasser nach unten und erwärmt die in 50 bis über 100 Meter tiefem Sediment verbackenen Eisklümpchen. Wenn diese dann ausperlen, strömt das Gas durch das zweite Rohr nach oben.
Die Umwelt wird dabei nicht geschädigt, da kein Gas ins Wasser austritt. Zu Brüchen des Meeresbodens kommt es auch nicht, weil permanent Meerwasser durch die erste Röhre nachfließt, die ausgegasten Hohlräume füllt und kurzfristig sogar wieder gefriert. Über dem Meer kommt das hochwertige Methangas an und kann über Pipelines oder Tankschiffe an Land gebracht werden. Nur ein kleiner Teil wird vor Ort verfeuert, um kontinuierlich warmes Wasser nachzuproduzieren. Erste Probeförderungen gibt es bereits aus dem Permafrostboden Sibiriens und aus der nordkanadischen Küstengegend. Die US-Regierung will spätestens 2015 mit der kommerziellen Gewinnung des Rohstoffs beginnen, da bis dahin die eigenen Gas- und Erdölvorkommen weitgehend erschöpft sein werden. Aber auch andere Staaten können von den Rohstoffvorkommen im Meer profitieren, schließlich liegen die Hydrate „gerecht verteilt“ vor allen Kontinentalsockeln der Weltmeere. Ausgebeutet werden sie wahrscheinlich von den Firmen, die jetzt schon das Know How für die off-shore-Förderung von Öl und Gas haben. Wer schon eine funktionierende Fördertechnik entwickelt, kann beim Boom von Anfang an dabei sein. Das Forscherteam um Schultz hat sich das Patent gesichert.