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Die Vision im Ohr

Gibsons „Neuromancer“ als Cyber-Oper ohne Sci-Fi-Kitsch

Nicht nur seine Fans sehen in ihm einen Visionär: William Gibson hat vor 20 Jahren in seinem Roman „Neuromancer“ nicht nur das Wort Cyberspace erfunden – er hatte zugleich auch schon eine Ahnung von dem verführerischen Wahn, immer vollinformiert zu sein, sich alles hochladen, updaten, „aus dem Netz saugen“ zu können.

Am Freitag lief der erste Teil von Radio Bremens großem „Neuromancer“-Hörspielprojekt: Es übt keine Zivilisationskritik, umschifft aber auch Sci-Fi-Kitsch und coole Action-Attitüde. Die Cyber-Oper, die Alfred Behrens konzipiert und mit hochspezialisierten Technikern, Musikern und Sprechern realisiert hat, spielt aufs Verwirrendste mit Gibsons visionärem Blick. Sie gibt dem Cyberspace irdischen Raum. Dafür mixt Behrens Alltagssplitter, reportagehaft urbane Töne mit ins Synthetische rutschendem Slang, sodass man hörend immer glaubt, zu verstehen – vor den nächsten Drehungen der absurden Story um Datencowboy Case dann aber doch kapituliert und sich dem Rausch an Sounds hingibt. Case, der Informatiker kann sein Nervensystem per Schnittstelle mit dem World Wide Web verbinden, bis böse Mächte es lahm legen. So irrt er zwischen Hightech und Gosse der Heilung entgegen. Irgendwie alles schon mal gehört. Nur noch nicht so. Der rote Faden ist nicht leicht zu schnappen, aber einmal ins Hörstück reingeraten, macht soviel Ohrsinn richtig Spaß. Carsten Werner

Nächste Folgen 18. und 25. Juli, Nordwestradio, 88,3 MHz jeweils 22.05 Uhr

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