: Keine Duldung, keine Heirat
Hungerstreik im Abschiebegewahrsam: 29-jähriger Kurde wird zwischen Ausländeramt und Standesamt hin- und hergeschickt: Für seine Hochzeit braucht er Duldungspapiere und für die Duldung einen Standesamtstermin
taz ■ Seit bald vier Wochen hat Muhittin G. nichts mehr gegessen. Der 29-jährige Kurde, der in der Polizeikaserne Vahr in der Bremer Abschiebehaft sitzt, protestiert damit gegen die ihm drohende Abschiebung. In der kommenden Woche soll er in die Türkei ausgeflogen werden. Die für Abschiebehäftlinge engagierte Ghislaine Valter von der Flüchtlingsinitiative Grenzenlos setzt sich für den Mann ein.
Muhittin G. ist mit der Deutschen Regine S. verlobt. Seit November versuchen die beiden zu heiraten. Das Problem: Die amtlich bescheinigte „Duldung“ des jungen Kurden ist abgelaufen. Für eine Hochzeit aber muss Muhittin G. beim Standesamt nicht nur Ledigkeitsbescheinigung und Geburtsurkunde in amtlichen Übersetzungen vorlegen, sondern auch eine aktuelle „Duldungs“-Erklärung des Ausländeramtes. Der junge Kurde lief monatelang von Ausländerbehörde zum Standesamt und zurück – beantragte wieder und wieder die Duldung, ohne Erfolg. Zwischenzeitlich war die Ledigkeitsbescheinigung abgelaufen, Muhittin G. besorgte wieder eine Bescheinigung, wieder eine Übersetzung.
Duldungen zum Zweck der Heirat werden von der Ausländerbehörde nur dann gewährt, wenn die Hochzeit „unmittelbar bevorsteht“. Nach Ansicht der Ausländerbehörde in Bremen wäre das aber nur dann der Fall, wenn G. bereits einen Termin beim Standesamt vorweisen könnte. Die Folge dieser Auslegung: Für einen Heiratstermin fehlt Muhittin G. die Duldung, für die Duldung fehlt ihm ein Heiratstermin.
Ghislaine Valter hält es für „schikanös“, dass die Ausländerbehörde sich nicht kulanter gezeigt habe. „Der Mann hat sich wirklich um die Legalisierung seines Aufenthalts bemüht. Ich verstehe nicht, dass die Behörde dieser Ehe nicht ein wenig entgegen gehen konnte.“
Nun wird Muhittin G. wohl ledig abgeschoben. An diesem Dienstag entscheidet sich, ob er bis dahin weiter in Haft bleiben muss. Wenn seine förmliche Beschwerde gegen die Abschiebehaft abgelehnt wird, will Muhittin G. weiter im Hungerstreik bleiben. Steffen Hudemann