Der einen Geld, des andern Ruhm

Während heute auf der Baustelle der Stadthalle, die künftig „AWD-Dome“ heißt, Richtfest gefeiert wurde, ist Sponsor AWD höchst umstritten: Zahlreiche Kunden klagen gegen den Konzern. Experte sieht Situation für AWD aber „nicht ganz so kritisch“

„Wenn das Unternehmen mit Drückermethoden arbeitet, wie ist es dann so weit gekommen?“

Bremen taz ■ „Das ist ein Frevel“, sagt Horst Weise verärgert und meint damit, dass die Stadt Bremen mit AWD „ins Bett steigt“, den Dome-Namen für gutes Geld an den Finanzdienstleister verkauft. Der Kampf gegen angeblich dubiose Praktiken der Firma aus Hannover ist für den einstigen AWD-Mitarbeiter zur Lebensaufgabe geworden. Zwei Bücher hat Weise geschrieben, auf einer Homepage (www.awd-aussteiger.de) versucht der Berliner, auf die Praktiken des Allgemeinen Wirtschaftsdienstes, kurz AWD, hinzuweisen.

Im Forum gebe es bereits 4.000 Einträge von anderen geschassten AWDlern. „Ich war Direktionsmanager, jetzt bin ich zum Sozialfall geworden“, sagt Weise. Er behauptet, dass ihn sein Job bei AWD in den Nach-Wendejahren in den Ruin getrieben habe – wie viele andere. Provisionen seien nicht gezahlt worden, mit einstweiligen Verfügungen und miesen Tricks habe AWD Kläger ins Verderben getrieben.

Weise steht nicht allein. Auch viele der 13.000 AWD-Kunden, die Mitte der neunziger Jahre die so genannten Dreiländer-Fonds gezeichnet haben, klagen seit Jahren gegen den Konzern. Die Wut über verlorenes Geld ist groß: Anwälte touren durch Deutschland, um angeblich geprellte Anleger zu beraten, die Fonds-Zeichner haben eine Homepage eingerichtet, um sich zu vernetzen (www.dlf-opfer.org). Auch bei der letzten Hauptversammlung vor wenigen Wochen waren die mutmaßlich üblen Tricks von AWD wieder Thema. Allerdings gebe es bislang „ausschließlich rechtskräftige Urteile zu Gunsten von AWD“, betonte Ralf Brommer, Finanzvorstand des Unternehmens.

„Es ist bei Kapitalanlagen nicht unüblich, dass Geld verloren wird“, sagt Benedikt Brückle vom Schutzverband der Kapitalanleger (SDK), der Kleinaktionäre berät. Aus Börsensicht stehe AWD derzeit gar nicht schlecht da. Beim Geschäftsbericht über das Jahr 2003 habe AWD-Chef Carsten Maschmeyer „wunderbare Zahlen vorgelegt“, sagt Brückle. Nach dem Rekordjahr 2003 peilt AWD auch 2004 zweistelliges Wachstum an. „Wenn das Unternehmen mit Drückermethoden arbeitet, wie ist es dann so weit gekommen?“, fragt Brückle. AWD habe „tausende Neu- und Stammkunden – da können die Produkte nicht so schlecht sein“. Auch die Klagen ehemaliger AWDler sieht Berater Brückle „nicht ganz so kritisch: Es gibt ja immer noch Leute, die für AWD arbeiten – sonst hätten die keine Mitarbeiter mehr.“

Dass AWD sich den Namen der Bremer Stadthalle kauft, ist für das Unternehmen keine Premiere. Auch in Hannover, dem Sitz des Finanzdienstleisters, hat sich AWD vor einigen Jahren den Namen des einstigen Niedersachsen-Stadions gesichert. Außerdem darf sich AWD seit Februar „Offizieller Finanzoptimierer der deutschen Olympia-Mannschaft“ nennen.

Kai Schöneberg