: „Verbinde doch mal runter“
Die Europäische Union unterhält einen Förderdschungel mit ungezählten Fallstricken. Die Maßnahmen sind so vielfältig, dass die Verwaltungen selbst nicht mehr durchblicken. Der Versuch, eine Schneise zu schlagen
Das „Europäische Haus“ findet sich in bester Lage Unter den Linden, das Brandenburger Tor ist nur ein paar Schritte entfernt. Hier residiert das Informationsbüro der Europäischen Kommission und des Europäischen Parlaments. Eine erste Anlaufstelle bei der Frage, von welchen EU-Fördermaßnahmen das Land Berlin profitiert. In der Warteschleife erklingt Beethovens Neunte. Nach mehreren Vermittlungsversuchen eine genervte Stimme im Hintergrund: „Verbinde doch mal runter.“ Dann wieder Beethoven. Endlich eine – wenn auch knappe – Auskunft: „Die Parlamentarier haben damit nichts zu tun.“ Schade.
Weiterschaltung zu den Kollegen von der Kommission: „Fördermittel … hier ist nur eine Ausweichnummer.“ Beethoven. Dann spricht Harald Händel. Wie viel Berlin eigentlich von der EU erhält, „kann niemand wissen“. Am ehesten noch das Europareferat des Landes Berlin.
„Eine Gesamtübersicht wünschen wir uns alle“, sagt der stellvertretende Referatsleiter Mark Rackles. Zwar gebe es einen Rechenschaftsbericht an das Abgeordnetenhaus, den Berliner Europabericht. Aber ein Viertel aller Projekte tauche dort nicht auf, schätzt Rackles, weil sie ohne Beteiligung der Verwaltung direkt abgewickelt werden. Will man wissen, wo Europa im Land überall steckt, müsste man schon jede Verwaltungsdienststelle einzeln anrufen.
Immerhin so viel steht – ganz grundsätzlich – fest: Die Europäische Union verfügt mit vier großen Strukturfonds und mehr als 200 Förderprogrammen über einen wahren Dschungel an Hilfen. Zu den beiden größten Strukturfonds gehören der Europäische Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und der Europäische Sozialfonds (ESF).
Im Jahr 2000 begann eine neue Förderperiode der EU, die bis 2006 dauert. In einem gemeinschaftlichen Förderkonzept wurde den neuen Bundesländern in Deutschland allein aus den Strukturfonds 20 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt.
Neben diesen Strukturfonds gibt es auch „Gemeinschaftsinitiativen“, die bei besonderen Problemlagen zusätzliche Unterstützung gewähren. Dafür stehen Deutschland rund 1,6 Milliarden Euro zur Verfügung.
Die meisten Finanzhilfen werden jedoch nicht von der Europäischen Kommission direkt, sondern unter Beteiligung der nationalen und regionalen Behörden der Mitgliedstaaten ausgezahlt. Dennoch gibt es eine Vielzahl von direkten Hilfen, die an staatliche oder private Organisationen und Einrichtungen und in Ausnahmefällen auch an Einzelpersonen gehen. Sie umfassen die Bereiche der Forschung und Entwicklung, Bildung und Ausbildung, Umweltschutz, Verbraucherschutz und Informationswesen. VERONIKA NICKEL