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Archiv-Artikel

Chatami kapituliert

Irans Präsident bietet nach Protesten seinen Rücktritt an. 80 Studenten freigelassen. Todesstrafe gegen Politiker in Haftstrafe umgewandelt

TEHERAN ap/dpa ■ Irans Präsident Mohammed Chatami soll erstmals öffentlich seinen Rücktritt angeboten haben. „Wir sind nicht Herren über das Volk, sondern Diener dieser Nation“, zitierte die regierungsnahe Zeitung Iran Chatami. „Wenn diese Nation sagt, wir wollen euch nicht, dann werden wir gehen.“ Dies soll Chatami Donnerstag in einer Rede in Karadsch geäußert haben.

Chatami geriet zunehmend unter Druck, sich gegen die konservative geistliche Führung durchzusetzen und seine Wahlversprechen von größerer Freiheit und mehr Demokratie einzuhalten. Hoffnungen auf einen Kompromiss mit dem mächtigen Wächterrat zerschlugen sich, nachdem dieser erneut zwei Reformvorhaben abgelehnt hatte. Kürzlich hatte der liberale Philosoph Aldolkarim Sorusch Chatami vorgeworfen, sich seit seiner Wahl 1997 nicht entschlossen genug für Reformen eingesetzt zu haben. Er machte Chatami für die Unruhen verantwortlich.

Nach den Studentenprotesten vom Juni soll Irans Justiz zwei reformorientierte Journalisten und zwei Studentenführer festgenommen haben. Im südiranischen Schiras traten Studenten in Hungerstreik, um deren Freilassung zu erzwingen. Analysten werteten die Festnahmen als Schritt der Regierung zur Einschüchterung demokratischer Stimmen. Andererseits sollen nach Angaben der Studentenagentur Isna 80 inhaftierte Studenten freigelassen worden sein, die vorigen Mittwoch in Teheran demonstriert hatten. 170 Studenten seien aber noch in Haft.

Nach Protesten will das iranische Kulturministerium die Umstände des Todes einer iranisch-kanadischen Fotojournalistin untersuchen. Laut Ministerium soll die 54-jährige Zahra Kazemi einem Schlaganfall erlegen sein, nachdem sie am 23. Juni vor dem Evin-Gefängnis in Teheran festgenommen und verhört wurde. Die Familie und Journalistenorganisationen verlangen die Freigabe und Autopsie des Leichnams, weil sie vermuten, Kazemi sei misshandelt worden.

Ein Berufungsgericht in Iran hat die Todesstrafe gegen den Reformpolitiker Haschem Aghadschari in eine Haftstrafe umgewandelt. Sein Anwalt erklärte, Aghadschari müsse nach dem Urteil wegen „Gotteslästerung“ eine Haftstrafe von knapp vier Jahren verbüßen.