: Die polizeilichen Wunder vom Kapstadtring
Spektakuläre Urteile gegen Polizisten haben in der zweiten Instanz meist wenig Bestand und werden aufgehoben
Für die Thüringer Prügel-Polizisten geht mit dem gestrigen Urteil die Welt nicht unter: Das zeigt die Hamburger Erfahrung aus der Vergangenheit. Eine kleine Chronik.
Taxidemo: Am 6. August 1986 werden 861 Menschen im Hamburger Kessel festgehalten. Um Solidarität zu zeigen, „wir holen euch ab“, fahren am Abend 40 TaxifaherInnen im Konvoi am Neuen Pferdemarkt auf. Beamte des Einsatzzuges Mitte stürzen sich auf die Droschken und demolieren sie mutwillig. Der Nachwuchspolizist Andre H. wird dabei fotografiert. In einem Aufsehen erregenden Prozess wird er zu einer Geldstrafe von 3.800 Mark verurteilt. Der Richter rügt den Corpsgeist. Ein Jahr später wird H. im Berufungsverfahren am Kapstadtring ohne große Öffentlichkeit „mangels Beweisen“ freigesprochen.
Der Fall Neß: Am 30. Mai 1994 führt der österreichische Rechtspopulist Jörg Haider eine Kundgebung auf dem Gänsemarkt durch, bei der es zu Protesten kommt. Der Journalist Oliver Neß ist als Beobachter vor Ort. Plötzlich rasten Beamte des Einsatzzuges Mitte aus, reißen Neß zu Boden. Vor laufenden Kameras wird ihm der Fuß umgedreht. Die Polizisten werden zu 3.200 und 4.800 Mark Geldstrafe verurteilt. 1998 macht der Bundesgerichtshof daraus einen Freispruch.
Alimang S.: Am 14. November 1997 misshandeln fünf Fahnder der P-Schicht Lerchenstraße den Afrikaner Alimang S. in der Nähe des Schanzenbahnhofs. Die Täter werden von S. identifiziert, DNA-Spuren belegen die Tat. Die Beamten werden zu 15 und 14 Monaten Knast verurteilt. Ein Jahr später jedoch werden sie im Berufungsverfahren am Kapstadtring mangels Beweisen freigesprochen. Das Opfer war unauffindbar. KVA