Debatte: Opas Sportverein am Ende? : Politik und Vereine müssen schneller auf Trends reagieren
„Der Trend zum Ausdauer- und Gesundheitssport wird sich weiter verstärken. Andere Sportbereiche, die mit Jüngeren besetzt waren, werden Mitglieder verlieren“
Der Breitensport in NRW steht in einem Spannungsfeld aus öffentlichen, gemeinwohlorientierten und erwerbswirtschaftlichen Angeboten. Bedeutet dieses Spannungsfeld aber auch eine existentielle Gefährdung für den traditionellen Sportverein?
Der viel beschriebene demographische Wandel, vor allem die statistische Alterung der Gesellschaft, geht am Breitensport ebenso wenig vorbei wie andere gesellschaftliche Entwicklungen. Sportwissenschaftler ziehen daraus ihre Schlüsse: Der aktuelle Trend zu Ausdauer- und Gesundheitssportarten wird sich weiter verstärken, während andere Bereiche, die bislang tendenziell von jüngeren TeilnehmerInnen besetzt waren, weiter Mitglieder verlieren werden. Dazu gehört traditionell zum Beispiel die Leichtathletik.
Diesem Trend im sich stetig verbreiternden Angebot stehen aber auch andere entgegen, die auf so klingende Namen hören wie Wellness oder Wilderness. Dabei steht Wellness für Entspannungs- und Selbsterfahrungs-Sportarten wie Yoga und Tai-chi und Wilderness für die Abenteuer- und Risikosportarten wie zum Beispiel Skateboarden und Klettern. Diese Entwicklungen sind absehbar und können, ja müssen daher schon jetzt von der Landespolitik und den Sportverbänden berücksichtigt werden – stärker als bisher.
Nach wie vor wird der größte Teil der Freizeit im Wohnumfeld verbracht. Das heißt, die Planung von Sportstätten kann nur unter Einbeziehung der Menschen vor Ort erfolgreich sein. Aber auch die Vernetzung von Sportgelegenheiten, eine Kombination von Spielplätzen, Schulhöfen, Straßen und Grünflächen im Stadtteil sollte diesen Gegebenheiten Rechnung tragen. Da auch im Sport die Kassenlage prekär ist, müssen alle Ausgaben auf den Prüfstand gestellt werden. Betrachtet man die gesamte Lebensdauer einer Sporthalle, so gestaltet sich das Verhältnis von Investition zu Betriebskosten etwa 20 zu 80 – der Unterhalt ist also viermal so teuer wie der Bau. Es gibt deshalb Überlegungen, im Sporthallenbau auf einfache Überdachungen und warme Sportkleidung zu setzen, wenn gleichzeitig beheizte Umkleidekabinen und Duschen zur Verfügung stehen.
Opas Sportverein ist noch lange nicht am Ende – allerdings gilt es die ehrenamtliche Arbeit, ohne die Vereinsarbeit undenkbar wäre, zu würdigen und zu stärken. Entscheidend wird sein, wie gut sich die Sportvereine auf die aktuellen Entwicklungen werden einstellen können. Weder das Wachstum im Bereich des selbstorganisierten Sports noch die Konkurrenz der Fitness-Studios und der privaten Sportanbieter muss der organisierte Sport der Vereine und Verbände fürchten, wenn er die Herausforderungen annimmt. Es gilt – noch stärker als bislang – die Themen Gesundheit und Fitness aktiv zu besetzen und durch Faktoren wie geringere Kosten attraktiver zu gestalten. Beispiele aus Vereinen zeigen, dass bei ansprechender räumlicher Umgebung ein qualitativ hochwertiges Sportangebot auch etwas kosten darf. Eine Orientierung für die Qualität von Sport- und Freizeiteinrichtungen in den Vereinen könnte eine Art Gütesiegel sein, vergleichbar denen, die es auch für anerkannte kommerzielle Fitness-Einrichtungen gibt. Damit könnten sowohl Außenstehende verlässliche Informationen über die Vereine erhalten und gleichzeitig hätten die Vereine selbst einen Anreiz zur eigenen Qualitätssicherung.
EWALD GROTH