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Archiv-Artikel

Unruhe schützt vor schneller Abschiebung

Abschiebung des kongolesischen Oppositionellen Raphael B. offenbar abgebrochen. Er hatte angekündigt, sich „nicht ruhig“ zu verhalten. Der 38-Jährige berichtet im taz-Gespräch von „großer Angst“ vor der Rückkehr nach Kinshasa

Die umstrittene Abschiebung eines kongolesischen Oppositionellen (die taz berichtete) ist am Mittwoch offenbar gescheitert. Asylbewerber Raphael B. hatte angekündigt, er werde sich „nicht ruhig“ verhalten. Daraufhin habe der Bundesgrenzschutz darauf verzichtet, ihn zum Flugzeug zu bringen, berichtete eine Sprecherin der Fluggesellschaft KLM. Wie weiter mit ihm verfahren wurde, blieb bis Redaktionsschluss unklar. Der 38-Jährige sollte auf Anweisung des Innensenats mit einem Linienflug der niederländischen KLM von Berlin-Tegel über Amsterdam in die Hauptstadt der Demokratischen Republik Kongo ausgeflogen werden. Zuletzt war in Schleswig-Holstein Mitte Juni eine Abschiebung nach Kinshasa gescheitert, weil der Pilot sich geweigert hatte, den Betroffenen mitzunehmen.

Gegen die Abschiebung hatte sich gestern auf dem Flughafen Tegel Widerstand formiert: Aktivisten der „Initiative gegen Abschiebehaft“ hatten die Fluggesellschaft darüber informiert, dass B. gegen seinen Willen in sein Herkunftsland zurückkehren muss. Außerdem verteilten sie Flugblätter an Passagiere.

Er habe „große Angst vor der Rückkehr nach Kinshasa“, hatte Raphael B., wenige Stunden bevor er aus der Abschiebehaftanstalt Grünau zum Flugzeug gebracht wurde, gegenüber der taz erklärt. „Ich bin vor elf Jahren aus meiner Heimat geflohen, weil ich innerhalb von einem Jahr dreimal nach Demonstrationen von der Polizei festgenommen wurde.“

Auch unter der jetzigen Regierung von Joseph Kabila sei die „Vereinigung für Demokratie und sozialen Fortschritt“ (UDPS), in der er aktiv sei, als Oppositionsgruppe verfolgt. Anhänger der UDPS sind nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen „verschwunden“.

Raphael B. sagte weiter, zusätzliche Angst bereite ihm die „völlige Ungewissheit“. Seit dem Tod seines Vaterer vor einem Jahr habe er keinerlei Kontakt mehr zu seiner Familie. B. befürchtete, schon bei seiner Einreise festgenommen zu werden. „Warum soll ich ausgerechnet jetzt abgeschoben werden, wo Bundeswehr und andere Armeen nur mit Waffengewaltsandrohung versuchen können, so etwas wie Ruhe in meinem Heimatland herzustellen?“

Die parlamentarische Staatssekretärin im Auswärtigen Amt, Kerstin Müller, hatte in einem Brief an die Senatsinnenverwaltung darum gebeten hatte, die Abschiebung so lange auszusetzen, bis ein aktualisierter Lagebericht vorliege. HEIKE KLEFFNER