: Nervosität in den Rathäusern
Selbst bei den Kommunalwahlen muss sich die SPD vorm Bundestrend fürchten
BERLIN taz ■ Wenn die Demütigung der SPD einen Namen hat, dann diesen: Jens Ammoser. Kürzlich trat der arbeitslose Gymnasiallehrer noch vor den Bundeskanzler, den die SPD stellt, und ohrfeigte ihn. Gestern nun trat der Handgreifliche vor die Bürger, um sich für dieselbe SPD in einen Kreistag wählen zu lassen. Sollte die SPD in Ehrenkirchen im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald gut abschneiden, dann zieht der Watscher in die Kreisvertretung ein. Aber diese Sorge ist dann auch wieder unbegründet, denn die Sozis spielen bei den Kommunalwahlen im Südwesten keine große Rolle – traditionell nicht.
In Baden-Württemberg muss sogar die Union bei Kommunalwahlen um die Mehrheit bangen. Bei den letzten Urnengängen für Gemeinden und Kreise machten die Wählervereinigungen (33,7 Prozent) im Südwesten der Union (34 Prozent) den Spitzenplatz streitig. Die Ergebnisse der gestrigen Kommunalwahlen in Baden-Württemberg, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Saarland lagen bei Redaktionsschluss noch nicht vor.
Kommunalwahlen sind kein geeignetes Barometer für den demoskopischen Zustand einer Partei. Nur heuer bei der SPD. Denn der Blick fällt bei den verheerenden Ergebnissen in Europa und in Thüringen auf die Hochburgen der SPD – etwa im Saarland und in Rheinland-Pfalz, wo die SPD regiert. In Saarbrücken und Umgebung hat die CDU 1999 der traditionell starken Sozialdemokratie in den Rathäusern die Mehrheit abgenommen. Der Skandal um den SPD-OB von Saarbrücken, der erst Monate nach seiner Gartenbauaffäre seinen Job zur Verfügung stellte, hat die Sympathien für die Sozis seither nicht gehoben.
In Rheinland-Pfalz regiert seit 1994 Kurt Beck für die SPD, ein cooler, in der Partei selbstsicher auftretender Ministerpräsident. Dennoch sind der SPDler Beck und die Seinen in Mainz, Speyer und Ludwigshafen nervös – weil auch sie der Bundestrend der Sozis nach unten ziehen könnte. Nach Umfragen erringt die Union in den Rathäusern 45 Prozent, die SPD 34 Prozent. Die Auszählung der Ergebnisse zog sich allerdings hin, weil das Wahlrecht in Rheinland-Pfalz es zulässt, mehrere Stimmen auf einen Kandidaten zu kumulieren.
Am Rhein wird sich auch weisen, ob es für die SPD einen anderen Ausweg aus dem Niedergang gibt – über ausländische Kandidaten. In Vallendar bei Koblenz tritt mit Monique Vergoossen-Ottevanger eine Niederländerin für die SPD an, um Bürgermeisterin zu werden. CIF