: Im Wahljahr ist Integration sexy
Kölner Parteien wollen einen höheren Anteil an städtischen Mitarbeitern mit Migrationshintergrund, bessere Ausbildungschancen und mehr Möglichkeiten der Partizipation auf kommunaler Ebene
Von Claudia Lehnen
In der Sache sind sie sich einig: Sie wollen mehr für Migrantinnen und Migranten tun, sie besser in das Leben der Stadt integrieren. Nur bezüglich der Umsetzung haben die Vertreter der Parteien, die sich am Dienstag Abend im DGB-Haus zu den „Kölner Migrationsgesprächen“ trafen, verschiedene Vorstellungen.
Konkret fordern Carola Blum (CDU), Susana dos Santos Herrmann (SPD), Arif Ünal (Bündnis 90/Die Grünen), Jörg Detjen (PDS) und Ulrich Breite (FDP) einen höheren Anteil an Mitarbeitern mit Migrationshintergrund in der Kölner Stadtverwaltung, eine bessere Ausbildung für Migrantenkinder sowie mehr Möglichkeiten der politischen Partizipation auf kommunaler Ebene. Mittelfristig solle der Anteil ausländischer Mitarbeiter in der Stadtverwaltung erhöht werden, indem Bewerber ausländischer Herkunft bei gleicher Qualifikation bevorzugt werden.
Obwohl beinahe jeder vierte Kölner Migrant sei, besetze die Stadt nur knapp sieben Prozent ihrer Stellen mit Menschen mit Migrationshintergrund. Dies sei ein krasses Missverhältnis, „das wir uns schon aus wirtschaftlichen Gründen nicht leisten können“, klagt Jörg Detjen. Schließlich benötige die Stadt kompetente Ansprechpartner für diesen Teil der Bevölkerung. PDS und Grüne stellen sich zur Umsetzung die Einführung einer Quote vor, der Vertreter des DGB, Wolfgang Uellenberg van Dawen, fordert eine „positive Diskriminierung“ von ausländischen Bewerbern.
Beide Vorschläge gehen sowohl Ulrich Breite als auch Carola Blum zu weit. „Positive Diskriminierung ist Diskriminierung der anderen“, sagt Breite. „Dabei kann die FDP nicht mitmachen.“ Auch Blum findet, dass eine solch positive Diskriminierung dem sozialen Klima der Stadt schade. Vorstellbar wäre für sie höchstens eine Bevorzugung von Migranten bei gleicher Qualifikation. „Das kann man so ähnlich machen wie bei der Förderung von Frauen“, sagt sie. Ansatzpunkt müsse aber zusätzlich die Ausbildung sein. „Schließlich haben wir leider viele Migranten mit sehr geringer Qualifikation.“
In Puncto politischer Partizipation scheint es keine Annäherung der Parteien zu geben. „Wir sollten uns ein Beispiel an der Verfassung der Französischen Revolution nehmen. Der zufolge hatte jeder das Wahlrecht, der mindestens drei Monate in Frankreich gelebt hat“, erinnert Detjen.
Auch Breite, dos Santos Herrmann und Ünal sprechen sich für ein aktives Wahlrecht für Migranten auf kommunaler Ebene aus. Allein Blum will dieser Liberalisierung des Wahlrechts nicht zustimmen. „Wenn Sie hier wählen wollen – was hindert Sie daran, die deutsche Staatsbürgerschaft anzunehmen?“, fragt sie einen türkischen Mann aus dem Publikum. Außerdem löse sich das gesamte Problem mit der Zeit vielleicht ohne das Zutun der anwesenden Parteienvertreter. Schon jetzt seien alle EU-Bürger auf kommunaler Ebene in Deutschland wahlberechtigt. Und dieser Personenkreis sei ja bereits dabei zu wachsen. Blum tröstet deshalb: „Vielleicht wird die Türkei ja bald EU-Land. Dann erledigt sich das von selbst.“