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Archiv-Artikel

Sonderinspektion in der Tropfsteinhöhle

Der S-Bahnhof Schöneberg ist völlig marode. Das Aufsichtsamt fordert nun von der Bahn den Nachweis der Sicherheit

Im gallischen Dorf von Asterix und Obelix leben die Bewohner in der ständigen Angst, dass ihnen der Himmel auf den Kopf fallen könnte. Am S- und Umsteigebahnhof Schöneberg ist es die Decke, die herabzustürzen droht. Auf diesen bedrohlichen Zustand wurde nun auch das Eisenbahn-Bundesamt aufmerksam. Nach einer Sonderinspektion forderte die Aufsichtsbehörde die Deutsche Bahn auf, Sicherheitsmaßnahmen zu ergreifen.

Das Bundesamt, das Bahnhöfe auf Sicherheitsmängel hin untersucht, war aufgrund einer taz-Anfrage tätig geworden und hatte seine Inspektoren nach Schöneberg entsandt. Was die Experten dort sahen, gefiel ihnen offenbar gar nicht: Die Deutsche Bahn sei vom Amt verpflichtet worden nachzuweisen, dass der Zustand des Bahnhofsgebäudes kein Sicherheitsrisiko darstellt, erklärt die Bundesamts-Sprecherin Bettina Baader der taz. Die Bahn müsse entweder den Nachweis erbringen, dass der Bahnhof sicher ist – oder dem Bundesamt darlegen, wie sie zukünftig vorgehen will, um diese Sicherheit herzustellen. „Vielleicht reichen Instandhaltungsmaßnahmen aus, ansonsten muss die Deutsche Bahn den Bahnhof komplett erneuern lassen“, so Baader.

Für die Imbissverkäuferin, die seit Jahren auf dem Gleis der S 1 arbeitet, ist das höchste Zeit: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass das lange hält“, sagt sie mit Blick auf die Decke. Bei einem Rundgang durch den Bahnhof, den sie „meine Tropfsteinhöhle“ nennt, deutet sie auf Risse in den Betonplatten der Decke, brüchige Fugen zwischen den Betonplatten und verrostete Stahlträger, die die Decke stützen sollen. Tauben flattern in Scharen durch den S-Bahnhof und hinterlassen überall ihre Spuren. Die Imbissfrau zeigt auf den feuchten Boden. „Dort können die Tauben baden, wenn es regnet, so löchrig ist die Decke.“

Auch Ekkehard Band, Bürgermeister des Bezirks Tempelhof- Schöneberg, nennt den Zustand des S-Bahnhofs „katastrophal“. Er hat den Bahnhof vor kurzem besichtigt und daraufhin einen geharnischten offenen Brief an den Chef der Deutschen Bahn Hartmut Mehdorn geschrieben. Darin klagt Band über den verwahrlosten Zustand des Bahnhofs, der ihn an Verhältnisse aus dem 19. Jahrhundert erinnere. Er lädt Mehdorn zu einer Besichtigung ein, damit dieser sich von dem Eindruck und der Notwendigkeit „überfälliger Renovierungen“ überzeugen könne. Auf das Schreiben vom 12. Januar erhielt Band bislang keine Antwort. In wenigen Tagen werde die Bahn sich aber bestimmt äußern, verspricht jedoch Burkhard Ahlert von der Pressestelle der Berliner S-Bahn.

Handeln muss die Deutsche Bahn jetzt in jedem Fall. Damit bleibt zu hoffen, dass die Menschen am Bahnhof Schöneberg bald nicht mehr mit ängstlichem Blick gen Decke schauen müssen. PHILIPP SAWALLISCH