: 19-Prozent-Partei wählt neuen Präsidenten
Nach der Niederlage bei der Europawahl setzt die Berliner SPD am Wochenende ganz auf Michael Müller
Parteitage sind nicht selten dazu da, die Stimmung in einer Partei zu verbessern. Ob dies am Sonntag im Palais am Funkturm funktionieren wird, ist fraglich. Die Hauptstadt-SPD hatte am Sonntag gerade erst die größte Niederlage in ihrer Nachkriegsgeschichte eingefahren. Hinter den Grünen landete sie mit ihrem Europawahlergebnis von 19,2 Prozent weit unter dem Bundestrend.
Der designierte Vorsitzende Michael Müller wird zeigen müssen, ob er die Partei aus dem Tief zu holen vermag. Keine leichte Aufgabe. Der Fraktionschef ist weithin unbekannt und stellt Sachkenntnis vor Charisma. Eine Eigenschaft, die bisher wenigen Parteichefs geholfen hat, die Wähler für sich zu mobilisieren.
Auch von SPD-Generalsekretär Klaus Uwe Benneter wird Müller keine wirkliche Hilfe bekommen. Der wird sich wohl eher darauf konzentrieren, die am Sonntag abgestrafte Bundespolitik schönzureden denn auf regionale Befindlichkeiten einzugehen. Gleichwohl wird Benneter keine Angst haben müssen, von der Berliner SPD für die Agenda 2010 abgestraft zu werden, glaubt der zukünftige Landesgeschäftsführer Andreas Matthae.
Für die eigene Partei kann sich Matthae nicht so sicher sein. Ihm lagen als Chef der Antragskommission eine Reihen von Papieren zu Abstimmung vor, die sich nicht mit der aktuellen Senatspolitik decken. Größter Klopper: Die Kitagebühren sollen abgeschafft werden. Und das wenige Monate, nachdem der rot-rote Senat sie für die höheren Einkommen gerade angehoben hat. Darüber hinaus wird ein Ende der Privatisierungen gefordert.
Beide Anträge sollen nach Empfehlung der Kommission angenommen werden. Möglich ist das nur, weil die Gebührenfreiheit für Kitas eher langfristig gedacht ist und führende Sozialdemokraten sich ohnehin gegen weitere Privatisierungen ausgesprochen haben. Bis auf Finanzsenator Thilo Sarrazin natürlich, der sich neue Einnahmequellen nicht verschließen möchte.
Mit der Neuwahl des engeren Landesvorstands wird immerhin eines sichtbar: Müllers Team wird deutlich verjüngt sein. 3 der 7 Mitglieder sind künftig unter 40, zwei knapp über 40 Jahre. Als Stellvertreterin kandidiert nur die frühere Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing erneut. Neu nominiert wurden die Abgeordnete Iris Spranger, der SPD-Kreischef von Mitte, Christian Hanke, und der BVV- Fraktionsvorsitzende in Charlottenburg-Wilmersdorf, Marc Schulte.
THORSTEN DENKLER