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WESTERWELLE TRIUMPHIERT – UND ZEIGT EINE PEINLICHE GEISTESHALTUNGFDP, unappetitlich

Guido Westerwelle hat sich gestern öffentlich auf eine Weise geäußert, die den Eindruck nahe legt, er wisse Dinge, über die er Medien und Bevölkerung schleunigst informieren sollte. Falls dieser Eindruck allerdings trügt, dann muss er sich Rufmord vorwerfen lassen. Wenn er sehe, wer in der Bundesregierung trotz zahlreicher Skandale und Affären noch im Amt sei, dann seien ihm Leute lieber, die persönlich Verantwortung zu übernehmen bereit seien: so der FDP-Vorsitzende im Hinblick auf den Rücktritt seines Stellvertreters Walter Döring.

Wie dürfen wir das verstehen? Was weiß Herr Westerwelle, was wir nicht wissen? Gegen welche Minister der Bundesregierung ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Vorteilsannahme, wessen Büroräume wurden durchsucht? Soweit der Öffentlichkeit bisher bekannt ist, gibt es keine strafrechtlich relevanten Vorwürfe gegen Mitglieder des rot-grünen Kabinetts.

Vielleicht wollte der FDP-Vorsitzende das auch gar nicht unterstellen. Vielleicht findet er es ja in moralischer und politischer Hinsicht einfach egal, ob jemand lediglich einen schlechten Job macht oder ob er in zwielichtige Geschäfte verwickelt ist. Das wäre aufschlussreich. Man sollte sich das merken. Wasser hat Westerwelle in jedem Falle auf die Mühlen all derjenigen gegossen, die ohnehin meinen, Politiker seien allesamt ein korrupter Haufen. Mit dieser Ansicht kann er sich zu jedem Stammtisch gesellen – solange Vertretern seines Standes dort noch ein Platz eingeräumt wird.

Die mögliche Verquickung von Imagepflege, Parteispenden und Kontakten zu dem schon mehrfach ins Gerede gekommenen PR-Berater Moritz Hunzinger ist unappetitlich. In strafrechtlicher Hinsicht gilt für den baden-württembergischen Wirtschaftsminister Walter Döring die Unschuldsvermutung. In politischer Hinsicht nicht: Guido Westerwelle ist gestern einen seiner schärfsten parteiinternen Kritiker losgeworden. Und das kurz nach dem FDP-Erfolg bei der Europawahl! So viel Fortune kann eine Zunge schon lösen. Auch die von einem, der gestern offiziell eigentlich gar nichts sagen wollte. BETTINA GAUS

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