Pädagogik mit frischem Gemüse

Der Kölner Bevölkerung fehlt grundlegendes Wissen über gesunde Ernährung, klagt Kölns einziger Biobauer. Mit Projekten für Schulklassen will er den Kindern zeigen, wo das tägliche Brot herkommt

VON Sandra Erbacher

Um fünf Uhr früh heißt es raus aus den Federn für Jürgen Roußelli, den nach eigenen Angaben einzigen Biobauern im Kölner Stadtgebiet. Läden in Köln beliefern, den Hofladen einräumen, Bestellungen bearbeiten, Hühner füttern und Eier einsammeln, dann Erntearbeiten, Lieferungen disponieren, Rechnungswesen, nochmals die Hühner Füttern, 19.30 Uhr Ladenschluss und endlich Feierabend: So beschreibt Roußelli einen „typischen Arbeitstag“ seiner 80-Stunden-Woche.

Seit über 20 Jahren ist Roußellis 1,2 Hektar großer Bio-Hof in Vingst ein Familienbetrieb. Auf einer ehemaligen Bundesbahngärtnerei, die die Roußellis von der Bahn gepachtet haben, werden neben einer kleinen Geflügelzucht zur Hauptsaison zirka 30 bis 40 verschiedene Obst- und Gemüsesorten angebaut in Gewächshäusern, Frühbeeten und im Freilandanbau.

Momentan füllen Tomaten, Gurken, Zucchini, Kohlrabi, verschiedene Salatsorten sowie Erdbeeren aus eigenem Anbau die Regale des hofeigenen Ladens, der zugleich die Haupteinnahmequelle des Familienbetriebes ist. Bis auf einen Angestellten, den Gärtner und die Mutter, die im Laden aushilft, macht Roußelli alles alleine. „Wenn ein Kunde nach Salat fragt und das Regal im Laden ist leer, dann geh‘ ich raus aufs Feld und pflücke den“, erklärt der Bauer ganz selbstverständlich.

Lila Kuh und Frittenbusch

Als „hartes Brot“ bezeichnet er den Öko-Landbau in Köln. Es fehle an grundlegendem Wissen um Ernährung, klagt er. „Die Kinder denken tatsächlich, die Kuh ist lila und die Fritten wachsen am Busch“, so Roußelli. Jedoch gäbe es in Deutschland ein „Süd-Nord-Gefälle“. In München zum Beispiel werde der Bio-Landbau viel positiver von der Bevölkerung angenommen.

Projekt „Beet“

Deshalb wünscht sich Roußelli, dass mit der Aufklärung schon in den Schulen begonnen wird. Er selbst bietet Führungen für Schulklassen an. Hier leuchten plötzlich seine Augen auf, und er erzählt begeistert von seinen Ideen, zum Beispiel dem Projekt „Beet“, das er gerne einer Schulklasse zur Bepflanzung zur Verfügung stellen wolle, um so praktisches Wissen um heimische Pflanzen und den Öko-Landbau auf „spielerische“ Weise zu vermitteln. In der bürokratischen Realität sei dies allerdings nur sehr schwer zu verwirklichen, man bräuchte Genehmigungen, müsse Toiletten zur Verfügung stellen. Als weiteres Projekt würde er gerne eine Kleintierzucht beginnen, um den Stadtmenschen das „Erlebnis Bauernhof“ näher zu bringen. Das scheitere aber leider am Zeitaufwand.

Lohnt sich denn die ganze Schufterei überhaupt? Roußelli lächelt. Nein, reich werden könne man mit dem Öko-Landbau nicht, aber es sei nicht das Geld, das zählt. Vielmehr sei es der „Spaß am persönlichen Umgang mit den Kunden und deren Zufriedenheit, die einem das zurück geben, was man investiert“.

Und gerade die Kunden wissen das Angebot zu schätzen: „Wir leben fast ausschließlich von Stammkunden aus einem Einzugsgebiet, das sich bis nach Overath, Leverkusen und Mönchengladbach erstreckt“. Denen sei Frische und Qualität wichtiger, als bei Aldi einen Salat für 25 Cent zu ergattern.