Nachhaltig? Da war doch mal was

Umfrage: Zukunftsfähigkeit kein Thema in der Gesellschaft. Rot-Grün will es damit nun noch einmal versuchen

BERLIN taz ■ Es gibt eine nationale Strategie zur Nachhaltigkeit; es gibt ein „grünes Kabinett“ der Staatssekretäre, die sich mit Nachhaltigkeit befassen; es gibt den Nachhaltigkeitsrat und hunderte von Konferenzen und Projekte zu diesem Thema. Und seit Mittwoch liegt eine offizielle Einschätzung vor, wie sehr Nachhaltigkeit in der deutschen Gesellschaft verankert ist: nämlich eigentlich gar nicht.

„Die Zukunftsfähigkeit unserer Wirtschaft, unseres Konsums, unserer Umwelt hat nicht den Stellenwert bei Politik und Wirtschaft, der ihr zukommt“, erklärte der Ratsvorsitzende Volker Hauff, als er die „Momentaufnahme“ vorstellte. Der Rat hat knapp 200 Experten, Unternehmer und Jugendliche gefragt, wie gut Deutschland auf die Nachhaltigkeit vorbereitet ist.

Ergebnis: Bund, Länder, Gemeinden oder die Nichtregierungsorganisationen machen einige Fortschritte. Es gibt gute Beispiele aus der Praxis und einzelne „Pioniere“. Und einem Teil der Gesellschaft ist Nachhaltigkeit auch wichtig. Doch fehlt die konzertierte Aktion. „Die Akteure wursteln oft vor sich hin und ziehen nicht an einem Strang“, heißt es aus dem Rat. So mache Rot-Grün nicht deutlich, was die Agenda 2010 mit Zukunftsfähigkeit zu tun habe.

Das räumt auch der Entwurf zum „Fortschrittsbericht“ der Bundesregierung zur Nachhaltigkeit ein. Vor zwei Jahren hatte sie eine Strategie verabschiedet. Nun bilanziert die Regierung, zwar seien viele Maßnahmen auf den Weg gebracht, aber „längst nicht alle sind umgesetzt“. Bei den 21 Indikatoren zu Fragen von Umwelt, Wirtschaft und Sozialem gibt es keinen einheitlichen Trend: So wird zwar der Ausbau der erneuerbaren Energien forciert, und der Flächenverbrauch geht zurück. Doch beim Stickstoffeintrag in der Landwirtschaft, einer umweltfreundlichen Mobilität oder bei der Effizienz der Energienutzung gibt es kaum Lichtblicke.

„Im Fortschrittsbericht fehlt eine Diskussion, warum es so schleppend vorangeht“, sagt Christine Wenzl vom BUND. Auch würden nur Ziele definiert (etwa: 20 Prozent Ökolandbau bis 2010), aber nicht gesagt, wie sie erreicht werden sollten. Dazu hat jetzt jeder die Chance: Der Entwurf des Fortschrittsberichts soll bis Herbst von allen diskutiert werden, ehe er verabschiedet wird. BERNHARD PÖTTER

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