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Archiv-Artikel

Muhittin G. abgeschoben

Trotz wochenlangen Hungerstreiks wurde ein Kurde gestern Mittag mit Gewalt in die Türkei gebracht. Ausländerbeauftragte: „Ich würde mich gern engagieren“

Von kawe

taz ■ „Muhittin hat sich gewehrt. Da ist heute Mittag viel Polizei gekommen. Die haben ihn abgeschoben – mit Gewalt“, berichten Mitinsassen des Abschiebegewahrsams im Bremer Polizeihaus. Muhittin G. wurde gestern nach Istanbul gebracht, obwohl er sich seit Wochen im Hungerstreik befindet (taz berichtete). Ein Arzt, der die Reisefähigkeit von G. hätte überprüfen können, sei nicht gesehen worden, sagen die Mithäftlinge. „Er konnte schon vor einer Woche kaum auf den eigenen Beinen stehen“, sagt der Anwalt Eberhard Schultz.

Muhittin G. war 1997 in die Bundesrepublik geflohen. Zur Begründung seiner Flucht gab der 29-jährige Kurde an, dass er in der Türkei politisch engagiert war und dass die Polizei dort ihn im Visier gehabt habe. Das Verwaltungsgericht Brandenburg lehnte seinen Asylantrag ab. Muhittin G. kam nach Bremen, weil hier sein Bruder lebt. Dass er in Bremen eine Deutsche heiraten wollte, half ihm nicht mehr. Das Oberverwaltungsgericht Bremen hat es nicht einmal für nötig befunden, im Verfahren um die Abschiebehaft die Verlobte als Zeugin zu laden.

In seiner auswegslosen Lage hat Muhittin dann einen Hungerstreik begonnen. Am Mittwoch hat ihn seine Verlobte noch einmal besucht. Von einem Sozialarbeiter, der die Insassen der Abschiebehaft betreut, hat Muhittin G. nichts gesehen, sagte Ghislaine Valter, die sich für die Flüchtlings-Initiative grenzenlos um Abschiebehäftlinge kümmert. Auch sie hat G. noch am Mittwoch besucht.

Die Bremer Ausländerbeauftragte Dagmar Lill hat von dem Fall aus der Zeitung erfahren, erklärte sie auf Nachfrage. Was kann eine Ausländerbeauftragte in einer solche Lage tun? „Ich habe Frau Valter gebeten, mir Informationen zu schicken“, sagt sie. Sich direkt dienstlich an das Ausländeramt zu wenden mache „wenig Sinn“. Daher sei sie abhängig davon, was engagierte Initiativen ihr berichteten. „Ich würde mich da gern engagieren wollen“, erklärte Lill gestern Mittag. Dass die Abschiebung schon im Gange war, ahnte die Ausländerbeauftragte nicht. kawe