: Strittige Strom-Sperre: Wer hat Recht?
Die swb AG habe rund 500 Euro erhalten und nicht verbucht, erklärt eine Kundin, die dafür den Saft abgedreht bekam. Die swb behauptet das Gegenteil, will aber der Sozialhilfeempfängerin Sabine M. entgegenkommen. Ihre Beraterin findet: Das stinkt
Bremen taz ■ Die Wahrheit hat in diesem Fall zwei Versionen. Die eine ist die der swb AG, die andere die einer Sozialhilfeempfängerin aus Tenever. Welche Version stimmt, muss unbeantwortet bleiben. Aber es gibt Fragen, die offen bleiben – zum Nachteil der swb AG.
Sabine M. wurde am 10. Juni der Strom abgestellt. Sie habe erhebliche Rückstände bei der swb, hieß es zur Begründung – ihre Jahresabrechnung vom März über das Jahr 2003 weist geleistete Zahlungen in Höhe von 975 Euro aus, tatsächlich sind für Strom, Wasser und Abwasser aber 1.718 Euro angefallen. Macht einen noch zu zahlenden Rest von 743 Euro. Drei Monate vergingen, in denen Sabine M. hätte Raten für den Rückstand zahlen sollen. Im Juni wurde ihr dann der Saft abgedreht.
Das Arbeitslosenzentrum Tenever, das Sabine M. eingeschaltet hatte, versuchte die Sache zu klären. Denn Sabine M. erklärte, sie habe der swb regelmäßig Geld überwiesen – der vom Stromlieferanten behauptete Rückstand könne nicht stimmen. Dafür brachte sie eine Liste mit, die ihre eigenen Überweisungen und die des Sozialamts im fraglichen Zeitraum aufzählte, rund 1.500 Euro insgesamt. Damit bliebe ein Rückstand von nur knapp 250 Euro.
Beraterin Sassa Weyandt vom Arbeitslosenzentrum bat die swb AG um eine Aufstellung der eingegangenen Einzahlungen. Dafür verlangte die swb 42 Euro – allein das sei eine „Unverschämtheit“, findet Weyandt. Die Gebühr sei üblich, erwidert darauf die swb AG. Nachfragen bei den Stadtwerken Hannover und Osnabrück ergeben allerdings, dass hier der Ausdruck eines Kundenkontoauszugs umsonst zu haben ist.
Weil sie sich den 42 Euro teuren swb-Kontoauszug nicht leisten konnte, konfrontierte Sabine M. eine Mitarbeiterin im swb-Kundenzentrum mit ihrer eigenen Liste. Sassa Weyandt telefonierte ihrerseits mit zwei weiteren Mitarbeitern im Kundenzentrum. Unabhängig voneinander bestätigten alle drei swb-Leute den Eingang der von M. behaupteten Zahlungen. Sabine M. bekam wieder Strom.
In den Tagen ohne Elektrizität verdarb Sabine M. Tiefkühlkost im Wert von 124 Euro. Das Amt für Soziale Dienste, mit der akuten Notlage konfrontiert, habe laut Weyandt erklärt, „Frau M. solle halt kalt essen.“ Für das Stromabstellen wurde ihr nochmals eine Gebühr von 80 Euro berechnet. Und das alles, schimpft Beraterin Weyandt, weil die swb die Zahlungseingänge nicht richtig verbucht habe.
Die swb weist Weyandts Darstellung zurück. Es habe nur eine Fehlbuchung gegeben und die habe das Amt für soziale Dienste verschuldet, weil es bei einer Abschlagszahlung für M. eine falsche Kundennummer angegeben habe, erklärt Pressereferentin Petra Gaebe. Überdies sei das Überweisungsverhalten von Frau M. äußerst schwierig nachzuvollziehen. Mal sei eine Abschlagszahlung viel zu früh gekommen und wurde zurücküberwiesen, mal seien Sozialamtszahlungen von Sabine M. ergänzt worden – unterm Strich bleibe jedoch der hohe Fehlbetrag der Jahresabrechnung abzüglich der einen Sozialamts-Fehlüberweisung, insgesamt immer noch ein Minus von rund 650 Euro. „Warum“, hält Beraterin Weyandt dagegen, „sollten denn drei Leute im Kundenzentrum sagen, Sabine M.s Leistungen seien komplett eingegangen, wenn das gar nicht stimmt?“ Ein „Missverständnis“ der Kollegen, so Pressereferentin Gaebe, offenbar „aus der Verwirrung heraus“ über die vielen unübersichtlichen Zahlungen von Frau M. Aber inzwischen, beschwichtigt Gaebe, sei man dabei, die Sache mit M. zu klären. Weil alles so verworren sei, wolle man ihr gegebenenfalls die Sperr-Gebühr von 80 Euro erlassen.
Sassa Weyandt hält die Darstellung für wenig glaubwürdig. „Warum“, fragt sie erneut, „sollte Frau M. die 80 Euro erlassen bekommen, wenn die swb doch findet, sie sei im Recht?“ Für Sabine M. geht es um viel Geld. Geld, das die swb längst habe, sagt M. Geld, das ihr fehlt, sagt die swb. sgi