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Archiv-Artikel

Neue Bilanzrisiken bei der WestLB aufgetaucht

Wertberichtigungen ohne Ende: Auch für Risiken bei US-Flugzeug-Leasingfirma traf die Bank keine Vorsorge

KÖLN taz ■ Die Westdeutsche Landesbank kommt nicht aus den negativen Schlagzeilen. Noch bevor gestern der Finanz- und Haushaltsausschuss des Düsseldorfer Landtags zu den Umständen der fatalen Fehlinvestition beim britischen TV-Geräte-Verleih BoxClever tagte, gab es neue Hiobsbotschaften von der fünftgrößten Bank der Bundesrepublik: Auch ihre Beteiligung an der amerikanischen Flugzeug-Leasingfirma Boullioun könnte zum Geldgrab werden.

Neue Wertberichtigungen von rund 300 Millionen Euro könnten bevorstehen, hieß es aus Bankenkreisen. Und die WestLB soll für die Risiken bei Boullioun keinen Cent Vorsorge getroffen haben. Zu weiteren Abschreibungen dürfte zudem das 72 Millionen-Euro-Engagement beim finanziell schwer angeschlagenen US-Energieversorger Mirant führen, der inzwischen Gläubigerschutz nach Artikel elf des US-Konkursrechtes beantragen musste.

Der neue WestLB-Vorstandschef Johannes Ringel soll nach Angaben aus Parlamentskreisen vor dem Haushalts- und Finanzausschuss eingeräumt haben, dass die WestLB unter dem Strich wohl auch im Jahr 2003 Verluste schreiben wird.

Dabei ist die WestLB und die nordrhein-westfälische Landesregierung, die mit 43,2 Prozent Hauptanteilseigner ist, eigentlich noch ausreichend damit beschäftigt, die Scherben der Box-Clever-Affäre wegzukehren, die maßgeblich zu einem Vorsteuerverlust 2002 von rund 1,7 Milliarden Euro beigetragen hat. Ringel und WestLB-Aufsichtsratschef Bernd Lüthje mussten sich denn auch bei einer Sondersitzung des Haushalts- und Finanzausschusses, die nur im ersten Teil öffentlich abgehalten wurde, bohrende Fragen der Abgeordneten gefallen lassen.

Dabei interessierten sich die CDU-Ausschüssler besonders für die Rolle des jetzigen Ministerpräsidenten Peer Steinbrück. Schließlich habe der Sozialdemokrat als Landeswirtschafts- und dann Finanzminister in allen drei wesentlichen Entscheidungsgremien der Staatsbank gesessen: im Verwaltungsrat, im Präsidialausschuss – und auch im Kreditausschuss. Letzteres allerdings nur virtuell. Das veranlasste ihn wohl auch Mitte Juli dazu, dem WDR-Fernsehmagazin „Monitor“ zunächst mit Inbrunst in die Kamera zu sagen: „Ich bin nicht Mitglied des Kreditausschusses der WestLB. Ich war es nicht, und ich bin es nicht.“ Auf Nachfragen hin musste er jedoch einräumen, doch offizielles Mitglied gewesen zu sein. Aber: Er habe an keiner einzigen Sitzung des Kreditausschusses teilgenommen. Tatsächlich ließ er sich dort stets von seinen Staatssekretären Ernst Gerlach und Harald Noack vertreten. Die Aufwandsentschädigung indes ging an ihn.

Staatssekretär Noack, der seit Mitte 2000 Steinbrück im Kreditausschuss vertreten hatte, gab in der gestrigen Ausschusssitzung zu Protokoll, seinen Vorgesetzten über das inzwischen so verlustreiche Box-Clever-Kreditgeschäft schlichtweg nicht informiert zu haben. Seine Begründung: In den Sitzungen seien die Geschäfte als akzeptabel angesehen worden. Eine Fehleinschätzung. PASCAL BEUCKER