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Archiv-Artikel

Die Achse des Afropop von Daniel Bax

Soul aus Simbabwe

Nein, ein Protestsong gegen Simbabwes greisen Diktator Robert Mugabe fehlt auf dem Album. Ansonsten aber lässt „Rebel Woman“, das neue Album der Sängerin Chiwoniso aus Simbabwe, wenig Wünsche offen. Einflüsse aus ganz Afrika, von nigerianischem Afrobeat bis zu südafrikanischem Township-Flavour, mischen sich mit dem suggestiven Klimpern des Daumenklaviers Mbira, Simbabwes Nationalinstrument.

Dessen meditativer und einlullender Klang findet sich auf „Rebel Woman“ in gefällige Pop-Arrangements eingebettet. Von dezenten Bläsersätzen, perlenden Bässen und Keyboards umweht, klingt Chiwoniso damit fast wie die afrikanische Schwester der US-Soulsängerin India.Arie.

Diese Weltläufigkeit verwundert nicht: Geboren und aufgewachsen ist Chiwoniso schließlich in den USA, wo ihre beiden Eltern einst als Musiker lebten. Nach der Rückkehr ihrer Eltern ins südliche Afrika begann die Tochter ihre musikalische Karriere, und mit ihrem poppigen Albumdebüt „Ancient Voices“ wurde sie vor zehn Jahren auch im Ausland bekannt.

Die Songs auf „Rebel Woman“ handeln durchwegs von lokalen Themen: mal wird den Geistheilern der Shona-Tradition gehuldigt oder der Bergregion im Osten des Landes, die für die Schönheit ihrer Natur berühmt ist. Dann wieder wird der Wanderarbeiter gedacht, denen das Geld fehlt, um zu ihren Familien zu fahren, oder dem Landbau und der eigenen Scholle ein Loblied gesungen.

Chiwoniso: Rebel Woman (Exil/Cumbancha)

Afro-Blues mit Stargästen

Als „blindes Sängerpaar aus Mali“ wurden Amadou und Mariam in den Achtzigerjahren zunächst in Westafrika bekannt, bevor sie sich auch in Europa und den USA einen Namen machten. Ihr erdiger, altmodischer Afro-Blues erinnert an John Lee Hooker und den psychedelischen Rock der 70er, ihre treibenden Songs machen gerade wegen ihrer spröden Monotonie Laune. So war es nur eine Frage der Zeit, bis Amadou & Mariam auch jenseits von Afrika eine wachsende Fangemeinde fanden.

Seit dreißig Jahren sind Amadou und Mariam verheiratet, ihr Stil hat sich in dieser Zeit kaum verändert. Nur durch Zusammenarbeit mit europäischen Stars suchte das Sängerpaar zuletzt, sein Erfolgsrezept zu variieren – ein Weg, der sich ja schon oft ausgezahlt hat, um langjährige Karrieren anzukurbeln und neue Hörerkreise zu gewinnen. Im Fall des Blues-Paars aus Mali ging das nicht immer gut, wie die Single „Zeit, dass sich was dreht“ zeigte: Die offizielle Hymne zur Fußball-WM 2006, die im Duett mit Herbert Grönemeyer entstand, ist heute zu Recht vergessen. Ihr letztes Album „Dimanche à Bamako“, an das Mestizo-Mastermind Manu Chao seine Produzentenhand legte, darf dagegen als Meisterwerk des globalisierten Pop gelten.

Auf „Welcome to Mali“ treten nun Damon Albarn und der Gitarrist Keziah Jones als Gäste auf, ohne dass sich am bewährten Sound dadurch allzu viel ändern würde. Und das, muss man sagen, ist auch gut so. Never Change a Winning Team.

Amadou & Mariam: „Welcome to Mali“ (Universal)

Feminismus mit Glamour

Oumou Sangaré ist längst eine Marke für sich: Auf ihrem ersten Album nach sechs Jahren Pause nimmt die erklärte Feministin wieder Stellung gegen Polygamie, Beschneidungen und die Zwangsverheiratung junger Mädchen. Musikalisch treffen auf „Seya“ die komplexen Rhythmen der Wassoulou-Region im Süden Malis, aus der Oumou Sangaré ursprünglich stammt, auf hypnotische Gitarrengrooves und sogar eine Hammondorgel; der harfenartige Klang der Ngoni-Laute wird von Streichern umschmeichelt und von Flötentönen umweht. So erweitert Oumou Sangaré die Grenzen dieser traditionellen Musik zu einem afrikanischen Funk. Eingebettet wird der rauhe Roots-Sound in eine warme Akustik, für die „Buena Vista Social Club“-Produzent Nick Gold bürgt.

Mali hat viele Weltmusik-Stars hervorgebracht, doch Oumou Sangaré hält eine Sonderstellung. Als Selfmade-Frau, die sich aus einfachen Verhältnissen hochgekämpft hat, ist sie in Westafrika inzwischen auch als Unternehmerin aktiv. In Bamako betreibt sie ein Hotel und hilft, mit ihrem berühmten Namen allerlei Produkte zu verkaufen, von Autos aus China bis zu Orangen und Reis aus lokaler Produktion.

So verbindet sie ihre politische Botschaft mit einer Lust an der divenhaften Selbstinszenierung, die sich für einen Star ihrer Kategorie gehört: im Titelstück feiert sie deshalb all die Designer und Stylisten ihrer Heimatstadt Bamako, die ihr den nötigen Glamour für die Bühne verleihen.

Oumou Sangaré: „Seya“ (World Circuit). Erscheint am 22. Februar