Drogenhilfe: Transparente Erpressung

Erst hieß es, die Bremer Suchtkrankenhilfe soll privatisiert und zentralisiert werden, um die Mittelkürzungen aus vergangenen Jahren aufzufangen. Jetzt kommt im laufenden Ausschreibungsverfahren ans Licht, dass munter weiter gekürzt wird

Der Drogenreferent: „Da hat uns die Haushaltsentwicklung überrollt.“

Bremen taz ■ Keinen weiteren Personalabbau sollte es geben, wenn das Bremer Drogenhilfesystem zentralisiert und an einen privaten Träger übergeben wird – diese öffentlich gemachte Zusage muss die Behörde der Sozial- und Gesundheitssenatorin Karin Röpke (SPD) jetzt zurück nehmen. 80.000 Euro – umgerechnet rund zwei Stellen – weniger wird es im nächsten Jahr für psychosoziale Begleitung als Hilfe im Alltag geben. Das ist ein Drittel dessen, was bisher gezahlt werden sollte.

Dabei hatte es stets geheißen, die Umstrukturierung des Drogenhilfesystems diene weniger dem Spareffekt, sondern solle die Not beenden, die aus früheren Kürzungsrunden entstanden war. Die Zahl der Mitarbeiter in den fünf kommunalen Beratungs- und Versorgungseinrichtungen war so weit zusammengestrichen worden, dass beispielsweise der offene Treffpunkt im Tivolihochhaus am Bahnhofsvorplatz immer wieder vorübergehend geschlossen werden musste. Vor allem im Viertel wuchs daraufhin bei vielen Anwohnern die Angst, die Drogenszene würde mit all ihren Problemen zurückkehren.

Als Ausweg hatte die Sozialsenatorin Karin Röpke (SPD) im vergangenen Jahr beschlossen, die regionalen Beratungsstellen West, Ost und Süd dicht zu machen. Die verbliebenen 16 Mitarbeiter im öffentlichen Dienst behalten ihren Status und sollen auf Nord, Mitte und die niedrigschwellige Einrichtung im Tivoli-Hochhaus verteilt werden – als „Leihgabe“ an den oder die Träger. Alle anderen Angebote der freien Träger, wie etwa das Methadon-Programm für Frauen sollen sich an die übrig gebliebenen Anlaufstellen angliedern. „Darüber hinaus wird es nichts mehr geben“, hatte der Referent für Suchtkrankenhilfe bei der Senatorin für Gesundheit und Soziales, Anton Bartling, zu Beginn des Ausschreibungsverfahrens klar gestellt.

Die freien Träger in der Drogenhilfe sind aufgescheucht, für sie geht es um alles oder nichts. Um ihr Personal unterbringen zu können, wollen sie für ihre Bewerbung genau wissen, wieviel Geld zur Verfügung steht. Das Gesundheitsamt kam der Bitte nach. Aktueller Stand: Die Personalkosten sollen gesenkt werden, indem weniger Weihnachtsgeld und kein Urlaubsgeld in das Budget mit eingerechnet wird. Gespart werden soll außerdem bei den Sachkosten, um 5,6 Prozent. „Der dargestellte Budgetrahmen ist daher nur ein ungefährer Anhaltspunkt für Ihre betriebswirtschaftliche Kalkulation“, heißt es in dem der taz vorliegenden Schreiben der Behörde. Die Bewerber sind verärgert, befürchten weitere Kürzungen, gegen die sie sich nicht wehren können, wenn sie im Rennen bleiben möchten.

„Weitere Einsparungen wird es nicht geben“, jedenfalls nicht bis zum Bewerbungsschluss am 18. August, versichert der Suchtkrankenreferent Bartling. Die Verärgerung wegen der gestrichenen 80.000 Euro sei „verständlich“, so Bartling. „Da hat uns die Haushaltsentwicklung überrollt.“ Erpressung will er sich allerdings nicht vorhalten lassen. „Wir sind den Trägern entgegen gekommen und haben das Verfahren so transparent gemacht wie möglich“, findet er. Ein ungewöhnlicher Vorgang, so Bartling. „Wir hätten das auch ohne Nennung von Zahlen europaweit ausschreiben können und dann einem Billiganbieter den Zuschlag geben können.“Eiken Bruhn