: Lauf, Pastor, lauf!
Bernd Lohse ist der erste hauptamtliche Pilger-Pastor der Nordelbischen Kirche. Das ist kein Zufall. Schon als Gemeindepfarrer war er mit seinen Gemeindegliedern auf die Lofoten gepilgert. Und hat Kriminalromane über das Pilgern geschrieben
VON CHRISTINE LÜBBERS
Gewandert ist Pastor Bernd Lohse bereits als Jugendlicher gern. „Aber pilgern? Daran hätte ich früher nicht gedacht, dass ich damit etwas zu tun bekomme“, sagt der 50-Jährige. Er sitzt im Gemeindebüro von St. Jacobi in Hamburg, an den weiß getünchten Wänden hängen alte Gemälde. In der St. Jacobi Kirche tritt Lohse am Samstag seine neue Stelle als Pilger-Pastor an.
Eigentlich wollte Lohse immer Journalist werden, schrieb schon als Schüler für eine Tageszeitung. Und Journalist wurde er auch. Nach Abitur und Bundeswehr arbeitete er als Redakteur bei der Bergedorfer Zeitung, später kam er zum Evangelischen Rundfunkdienst in Hamburg.
Schon als Journalist engagierte sich Lohse in seiner Kirchengemeinde, war Kirchenvorsteher, machte Jugendarbeit. „Es gab in unserer Gemeinde eine Gruppe Jugendlicher, die immer ins Kloster nach Taizé gefahren ist. Da bin ich dann mal mitgefahren – und es hat mich umgehauen.“ Bernd Lohse lächelt. Es sei eine besondere Form der Sozialisation gewesen. „In der Rückschau waren das ganz geistliche Zeiten, die ich damals überhaupt nicht so deuten konnte.“
Mehr als zehn Jahre später, Lohse hatte inzwischen ein spätes Theologiestudium hinter sich und war Gemeindepastor in Hamburg geworden, erschien sein Kriminalroman „Tod in den Lofoten“ beim christlichen Wittig-Verlag in Kiel. Lohse kannte die Lofoten, er fuhr öfter mit Mitgliedern seiner Gemeinde auf die Inseln hoch im Norden. Es waren Pilgerfahrten: „Die Lofoten sind eine Gegend, in der man sich über seinen Weg bewusst wird“, sagt Lohse.
Darum, den eigenen Weg für sich zu klären, ging es auch in seinem Roman. In der Kirche nannte man Lohse schon damals den „Pilgerpastor“. Es war die Zeit vor der ganz großen Pilgerwelle, Hape Kerkeling war spirituell noch unverdächtig. Es gab nicht viele Pastoren, die solche Fahren anboten.
Lohse schrieb seinen Roman während einer Zwangspause – bei ihm war ein Gehirntumor diagnostiziert worden. Sein rechtes, etwas hängendes Auge und die Narben an der Stirn zeugen heute noch von der überstandenen Krankheit. „Ich habe durch die Krankheit gelernt, mich auf Sachen einzulassen, die man noch nicht sieht. Einfach loszulassen. Und ich habe gemerkt, dass Gott den Weg mit mir geht.“ Er habe immer viel Segen erfahren, sagt Lohse.
Schon auf dem Weg der Besserung schrieb er seinen zweiten Krimi: „Familienbande“, der im selben Verlag erschien und explizit von einer Pilgerfahrt erzählt. Sie spielt zwischen Trondheim und Oslo, auf dem Jakobspilgerweg, den Lohse zuvor mit einem Freund gegangen war. Gemeinsam dachten sie sich die Geschichte aus, in der ein Gefängnispastor mit seinen Häftlingen das Pilgern als eine neue Form des Strafvollzugs ausprobiert. „Es passieren auf dem Weg schlimme Sachen, die ich nicht weiter verraten will“, sagt Pastor Lohse.
Wenn Lohse am Samstag sein Amt antritt, ist er der erste Pilgerpastor der Nordelbischen Kirche. Die Pröpstin der St. Jacobi Kirche, Kirsten Fehrs, habe sich für die neue Stelle eingesetzt. „Schließlich gehört das Thema Pilgern genau hier in diese Kirche, denn St. Jacobus ist benannt nach dem Heiligen der Pilger“, sagt Lohse. In Santiago de Compostela war er zwar noch nicht. „Aber den Weg nehme ich mir vor.“