Seien Sie brillant!

Lieber gut eingekauft als schlecht kopiert – denkt RTL sich manchmal sogar beim Genre Serien und zeigt ab heute „Monk“ (dienstags, 22.15 Uhr)

VON HARALD KELLER

Man kann es natürlich halten wie der Spiegel-Griesgram Reinhard Mohr, der sich alle Jahre wieder aus dem üppigen Gesamtangebot drei bis vier brüllend populistische Unterhaltungsformate herauspflückt und zum Anlass nimmt, seinen angesammelten Weltekel übers Fernsehen auszukübeln.

Der gemeine Fernsehnutzer aber, der nicht gezwungen ist, in regelmäßigen Abständen einen mehrseitigen kultur-, wenn nicht zivilisationskritischen Aufsatz zu emittieren, pflegt ja doch ein eher pragmatisches Verhältnis zu seinem Lieblingsmedium: Er blättert durch seine Programmillustrierte oder nimmt die Fernsehseite der Tageszeitung zu Hilfe und wählt beizeiten aus, was ihn interessieren könnte.

Wer so vorgeht und seinen Videorekorder zu bedienen weiß, muss sich über das Fernsehprogramm wahrlich nicht beklagen, denn da wird jeder Geschmack bedient. Auch bei den Erzählserien – Importware natürlich, denn in deutschen Produktionen wird in der Regel nur nachgeahmt, was der Angelsachs’ um einiges besser hinbekommt.

Manchmal wird die Quelle sogar vorzeitig offenbart, so wie jüngst am Rande der Cologne Conference, in deren Programm die satirische US-Serie „Nip/Tuck“ zu sehen war, die sich sehr unverschämt mit dem Metier der Schönheitschirurgie befasst.

Dumm für RTL, wo man unter dem Arbeitstitel „Beauty Queen“ bereits eine partiell originalgetreue Kopie des US-Formats auf Halde liegen hat, in der Carsten Spengemann den niederträchtigen Schnitter verkörpert und Jochen Horst den netten. Aber wer wollte den „DSDS“-Moderator Spengemann chargieren sehen, wenn man den aus „Profiler“ (Vox) und „Charmed“ (Pro 7) bekannten sinistren Julian McMahon und dazu Darstellerinnen wie Joely Richardson und Famke Janssen haben kann? Und das wird bald möglich sein: Neben dem Abokanal Premiere hat sich auch Pro 7 die Rechte an „Nip/Tuck“ gesichert und wird die Serie Ende des Jahres ausstrahlen.

Manchmal aber tätigt auch RTL lieber einen guten Einkauf statt schlecht abzukupfern. Ein gutes Händchen bewies die zuständige Abteilung in der jüngeren Vergangenheit beispielsweise mit „Der Fall John Doe!“, „Gerichtsmedizinerin Dr. Samantha Ryan“ und aktuell mit „Monk“.

In dieser US-Krimiserie von Andy Breckman spielt Tony Shalhoub die Hauptrolle. Shalhoub beherrscht, wie zahllose Kinorollen belegen, das dramatische Fach, ist aber auch ein wunderbarer Komödiant. In Deutschland kaum beachtet wurde die von Vox etwas abseitig platzierte Sitcom „Männer ohne Nerven“ („Stark Raving Mad“), in der Shalhoub einen Horrorautor vom Kaliber Stephen Kings verkörperte.

Konzentration, bitte!

In der von ihm selbst koproduzierten Serie „Monk“ tritt Shalhoub nun als scharfsinniger Ermittler auf, der jedoch als Folge einer traumatischen Erfahrung an sämtlichen Phobien und Neurosen leidet, die das Ärztehandbuch zu bieten hat. Diese Marotten kommen ihm vor allem dann in die Quere, wenn er gerade einem Verdächtigen nachsetzt oder ein wehrloses Opfer vor den Nachstellungen eines Mörders schützen muss, was gelegentlich zu absurden Situationen nebst entsprechender Komik führt.

Zum Glück ist meistens Krankenschwester Sharona Fleming (Bitty Schram) in Hör- und Reichweite, ohne deren Hilfe Adrian Monk sein Leben nicht zu meistern wüsste. „Konzentrieren Sie sich und seien Sie brillant“, ruft sie ihn zur Besinnung, wenn er sich in seinen Ticks zu verlieren droht. Sharona ist mehr als nur eine Nebenfigur, denn – so viel Realitätssinn muss sein – es wird nicht ausgespart, dass sie als allein erziehende Mutter ihrerseits einige Probleme hat.

Man darf also ausnahmsweise RTL mal dankbar sein, und zwar gleich doppelt: zum einen für den Ankauf dieser mehrfach prämierten Serie und zum anderen dafür, sie nicht mit einem dummdeutschen Titel wie „Ein total verrücktes Paar“ oder „Zwei irrwitzige Chaoten“ verunziert zu haben.