Andere Stabilität

Euro-Pakt: Ergänzung des Defizit- durch ein Ausgabenziel denkbar, sagt Finanzminister Eichel

BERLIN taz ■ Für eine wesentliche Ergänzung des europäischen Stabilitätspaktes hat sich Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) ausgesprochen. Im Interview mit dem gestrigen Handelsblatt regte er an, das Defizitkriterium durch ein Ausgabenkriterium zu erweitern.

„Es ist ein Fehler, nur (…) das 3-Prozent-Defizit (…) zu betrachten“, sagte der Finanzminister. „Natürlich muss es darum gehen, Kriterien zu finden, die das jeweilige Land durch eigene Entscheidungen beeinflussen kann, etwa die Höhe der Ausgaben“, so Eichel weiter.

In der gegenwärtigen Version des Stabilitätspaktes ist festgelegt, dass jedes Mitgliedsland pro Jahr höchstens neue Schulden von 3 Prozent im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) machen darf. 11 von 25 europäischen Staaten, darunter Deutschland, verstoßen dagegen. Mancher Nationalregierung ist mittlerweile klar geworden, dass in Krisenzeiten das Defizitkriterium kaum einzuhalten ist, wenn man die Wirtschaft nicht strangulieren will. Deshalb ist die Suche nach einem Ausweg im Gange.

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin hat dazu folgenden Vorschlag gemacht: Der Zuwachs der Staatsausgaben solle auf 3 Prozent des BIP pro Jahr begrenzt werden. Damit könnte der Staat in Krisenzeiten konjunkturfördernde Ausgaben tätigen, wäre in Phasen höheren Wachstums aber gezwungen, seine Ausgaben zu limitieren und Schulden zurückzuzahlen. In diese Richtung geht nun Eichels Äußerung.

Auf europäischer Ebene sind zwei Entwicklungen zu beobachten. Zum einen ist der Stabilitätspakt in einer Zusatzerklärung zur neuen EU-Verfassung nochmals bestätigt, teilweise verschärft worden. Andererseits will Währungskommissar Joaquín Almunia bis zum Herbst dieses Jahres Vorschläge debattieren, wie der Pakt angesichts der schwierigen Gegebenheiten flexibler interpretiert werden könnte. Dazu gehört auch die Idee, Sparerfolge in guten Zeiten mit den Defiziten der Krisenphasen zu verrechnen. Um den Pakt zu verändern, bedarf es allerdings der Einstimmigkeit der Mitgliedsstaaten, sagte Almunias Sprecher Gerassimo Thomas.

In Deutschland gehen die Meinungen über Eichels Äußerungen auseinander. Während Wirtschaftsweiser Peter Bofinger sie als „vernünftig“ bezeichnete, warnte Oskar-Erich Kuntze vom Münchner Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung vor einem „Herumbasteln“ am Stabilitätspakt.

HANNES KOCH