: DGB baut Arbeitsplätze ab
Gewerkschaftsbund schließt eines seiner Jugendbildungshäuser – es sei nur halb ausgelastet. Die 30 Angestellten werden entlassen. Die wollen dagegen klagen. Die Jugendbildung sollen nun die Sozialpädagogen übernehmen
BERLIN taz ■ Im Kampf um Arbeitsplätze müssen die Gewerkschaften an allen Fronten Verluste hinnehmen. Jetzt sogar im eigenen Haus. Die Jugendbildungsstätte in Oberursel im Taunus wird zum Jahresende den Betrieb einstellen. Der Form halber berät der Jugendausschuss des DGB heute darüber – die 30 Mitarbeiter haben ihre Kündigungen jedoch bereits am Montag erhalten. Sie werden zum Jahresende mit einer Abfindung entlassen. „Skandalös“ nennt Axel Wittkowski vom Betriebsrat dieses Vorgehen. „Wir wurden gekündigt, ohne dass die Entscheidung vorliegt.“ Diese wird offiziell in letzter Instanz vom DGB-Vorstand am 6. Juli gefällt.
Besonders wütend sind die Angestellten darüber, dass die Gewerkschaft einem anderslautenden Beschluss des letzten Bundeskongresses zuwider handelt. Im Jahre 2002 stimmten die Delegierten dafür, die beiden Bildungshäuser des DGB in Oberursel und in Hattingen zu erhalten und die Jugendbildung auszubauen. „Meiner Meinung nach kann man sich über einen solchen Beschluss nicht einfach hinwegsetzen“, meint Wittkowski. Der DGB habe seitdem nichts für den Erhalt des Hauses getan. Nun erwägt der Betriebsrat zu klagen.
Der Geschäftsführer des DGB-Bildungswerks Dieter Eich begründet die Schließung mit veränderten politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. „Das Haus ist seit Jahren nur zur Hälfte ausgelastet und defizitär. Kein Jugendlicher fährt heutzutage mehr von Rostock nach Oberursel – darauf muss man sich einstellen.“ Deshalb will der DGB seine politische Jugendbildung neu justieren und die Jungen und Mädchen vor Ort erreichen. Die knapper werdenden Fördermittel von eigener wie von staatlichen Seite sollen vor allem in die Schulung der hauseigenen Sozialpädagogen gesteckt werden, die ihr Wissen dann weitergeben.
850.000 Euro bekommt das Bildungswerk pro Jahr vom DGB, im nächsten Jahr könnte dieser Betrag um 200.000 Euro sinken. Für den Unterhalt der beiden Jugendbildungshäuser wendet der DGB jedoch mehr als eine Million Euro auf. Hinzu kommt, dass das Anwesen in Oberursel marode ist und laut einem Gutachten des Vorstands für 3,5 Millionen Euro saniert werden müsste. „Wir wollen Jugendbildungsarbeit betreiben und nicht in Immobilien investieren“, stellt sich Bundesjugendsekretär Christian Kühbauch hinter die Schließung des Hauses.
„Man hat sich nie zusammengesetzt und gemeinsam nach einer Alternative gesucht“, beklagt die Chefin des Hauses, Birgit Grieb. Die Belegschaft hat ein zweites Sanierungskonzept in Auftrag gegeben. Kostenpunkt: 1,3 Millionen Euro, wovon eine Million durch Fördermittel erbracht werden könnten. Doch die Hoffnung, dass diese Gutachten bei den heutigen Verhandlungen eine Rolle spielen könne, sei gleich null. ANNA LEHMANN