Goldanleitung für Athen

Deutschlands Handballer bereiten sich an der Sporthochschule Köln auf die olympischen Spiele in Athen vor. Ein spezielles Training soll das Team fit für die erste Goldmedaille machen

Wenn die Olympischen Spiele vorbei sind, steigen sie sofort ein in die Vorbereitung auf die neue Bundesliga-Saison

AUS KÖLNCHRISTIANE MITATSELIS

Dass Daniel Stephan ein klein bisschen geschafft aussieht, ist kein Wunder. „Na ja“, sagt der 30-jährige Handball-Nationalspieler. „Seit zehn Jahren habe ich nicht mehr dreimal am Tag trainiert. Am Anfang taten mir die Knochen ganz schön weh. Aber das ist normal in der Vorbereitung.“ Seit gut einer Woche bereiten sich Deutschlands beste Handball-Profis und ihr Trainer Heiner Brand in Köln auf das Olympische Handballturnier in Athen vor (14. bis 29. August). Dort wollen die Europameister auf jeden Fall die Goldmedaille gewinnen – es wäre die erste für ein deutsches Handball-Team seit dem Triumph der DDR im Jahr 1980 in Moskau. Mit entsprechendem Ernst verfolgen die Sportler ihr Ziel.

Schon als sich die 19 Spieler (15 fahren am Ende nach Athen) in der vergangenen Woche erstmals in ihrem Hotel in Köln-Junkersdorf versammelten, prophezeite Brand ihnen eine „relativ anstrengende Zeit.“ Für eine optimale Vorbereitung auf die Kraft raubenden Spiele, die im griechischen Hochsommer bei extremer Hitze stattfinden werden, hat sich Brand mit Klaus Baum einen Experten an die Seite geholt. Der Sportwissenschaftler, den der Coach noch aus seiner Zeit beim VfL Gummersbach kennt, lehrt an der Sporthochschule Köln, nebenbei gibt er sein Wissen im RTL-Frühstücksfernsehen zum Besten und außerdem leitet er das Trainingsinstitut, an dem die Handballer ihre täglichen Exerzitien absolvieren.

Nach Ausdauer- und Schnelligkeitstests wurden die Spieler in drei Gruppen eingeteilt, die im täglichen Wechsel verschiedene Trainings-Schwerpunkte setzen. „Wir machen sehr viele Sachen“, berichtet der 167-malige Nationalspieler Stephan, Welthandballer des Jahres 1998. „Kraft, Koordination, Rad fahren, laufen, etwas Aerobic.“ Bis Ende Juli – solange bleibt die Mannschaft in Köln – wird es immer so weitergehen. So ein modernes Trainingsinstitut kann selbstverständlich mit wirklich schicken Geräten aufwarten. So trainieren die Handballer am anmutenden „Space Curl“, der in der Raumfahrt entwickelt wurde und dazu dienen soll, die Rumpfmuskulatur zu stählen. Da die Sportler in Athen aber nicht im Speerwurf oder Marathonlauf siegen sollen, spielen sie alle zusammen auch einmal am Tag Handball. „Wir werden von Leuten angeleitet, die viel Erfahrung haben. Sie werden schon wissen, was gut ist“, meint Stephan und fügt hinzu: „Ich hoffe, dass die Fitness nachher auch entsprechend gut ist.“

Ein Problem lässt sich aber auch durch die modernsten Geräte nicht lösen: Die chronische Überlastung der Handballer. Jährlich findet entweder eine Europa- oder eine Weltmeisterschaft statt – in diesem Jahr sind es mit der EM im Januar und Olympia im August gar zwei große Turniere. „Wir Spieler haben schon oft gefordert, WM und EM jeweils nur alle vier Jahre auszutragen. Aber auf uns hört niemand. Wir sitzen am kürzeren Hebel“, sagt Stephan. „Aber was sollen wir machen. Jammern hilft nichts. Wir nehmen den Kampf an.“ Und der sieht konkret so aus: Ende Mai ging die Bundesliga-Saison (in der es keine Winterpause gibt) zu Ende, nur dreieinhalb Wochen später starteten die Nationalspieler in die Vorbereitung auf Athen. Wenn die Olympischen Spiele vorbei sind, steigen sie sofort ein in die Vorbereitung auf die neue Bundesliga-Saison, die eineinhalb Wochen später beginnt.

Kann es da nicht passieren, dass selbst der ehrgeizigste Handballer plötzlich keinen Handball mehr sehen mag? „Die Gefahr ist da“, sagt Stephan. „Es kommt sehr auf den Trainer an, darauf, dass er Fingerspitzengefühl hat und im Training Spaß vermitteln kann. Am besten für die Motivation sind immer Erfolge.“ Zum Beispiel eine olympische Goldmedaille.