Genesungswunsch für Kinderkur

Auch beim Schulverein sind 1.200 Kurplätze und 13.000 Plätze in Freiluftschulen in Gefahr. Auch CDU-Abgeordnete widersetzen sich den Sparplänen der Sozialsenatorin

Das Ausmaß der Kürzungen bei Kinderkuren ist größer als bislang bekannt. Nicht nur die drei Heime der Rudolf-Ballin-Stiftung für „Heil- und Genesungskuren“ mit insgesamt 1.220 Plätzen pro Jahr stehen zur Disposition. Auch die rund 1.200 Plätze für „vorbeugende Gesundheitskuren“, die der Hamburger Schulverein in seinen zwei Heimen auf Sylt und im Weserbergland anbietet, stehen vor dem Aus.

„Mit uns hat noch keiner geredet. Wir kennen nur die Streichliste des Senats“, erklärt Ernst Zadawsky, Geschäftsführer des Schulvereins. Demnach werden ab 2005 die Zuschüsse für Erhohlungskuren auf 700.000 Euro halbiert. Bereits in früheren Sparrunden wurde diese sogar gesetzlich vorgeschriebene vorbeugende Kur für sozial schwache Kinder von vier auf drei Wochen reduziert. Zawadsky: „Wir sind schon am Ende. Eine noch kürzere Kur macht gar keinen Sinn.“

Auch die Zuwendungen für die vier Freiluftschulen des Vereins in Neugraben, Wohltorf, Wittenberge und Moorwerder sollen um 270.000 Euro auf die Hälfte eingedampft werden. Dabei erreicht dieses stadtnahe Erholungsangebot sogar 13.000 Hamburger Schüler im Jahr.

Derweil droht das symbolträchtige Thema Kinderkuren zum Zankapfel in der CDU zu werden. Die Sozialexperten Marcus Weinberg, Bettina Bliebenich und Frank-Thorsten Schira haben sich öffentlich gegen diese Kürzung ausgesprochen. „Dass ein Sparbeitrag gemacht werden muss, ist klar“, erklärte Schira gegenüber der taz. Doch die Abgeordneten wollen nun in Gesprächen mit Senatorin Birgit Schnieber-Jastram (CDU) klären, ob nicht durch „konkrete Deckungsvorschläge an anderen Stellschrauben“ doch noch für sozial benachteiligte Kinder mehr herauszuholen sei.

Die Unions-Politiker sind in Sorge, weil mit der Abschaffung der Lehrmittelfreiheit, den Freiluftschulen und der Einführung von Gebühren für die Vorschule an vielen Punkten gleichzeitig die Struktur zum Nachteil von sozial schwachen Familien beschädigt wird. Zudem wächst die Panik, dass der Senat das Kita-Thema nicht in den Griff kriegt.

„Es ist gut, dass sich nun doch das soziale Gewissen der CDU meldet“, unterstützte gestern die GAL-Abgeordnete Christiane Blömeke den Mini-Aufstand der Abgeordneten. Die Kinderkuren wie die der Ballin-Stiftung seien für psychosozial stark belastete Familien „letzter Rettungsanker“, weil die Krankenkassen vergleichbares nicht finanzieren.

Die Sozialsenatorin hatte den Kur-Kahlschlag mit eben dem Argument, es gebe ja noch die Kassenkuren, verteidigt. Um für Kinder in sozial benachteiligten Vierteln etwas zu tun, will sie mit dem Rest von rund einer Million Euro des geopferten Sieben-Millionen-Kur-Etats der Ballinstiftung eine Alternative zur Kur entwickeln. KAIJA KUTTER