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Archiv-Artikel

Ein Justizverbrechen

Gedenken an die Hinrichtung der vier zum Tode verurteilten KPD-Mitglieder nach dem Altonaer Blutsonntag. Nazi-Urteile wurden erst 1998 aufgehoben

„Das Urteil gegen die Verurteilten des Blutsonntag-Prozesses wird heute morgen vollstreckt.“ Diese Schlagzeile titelten am 1. August 1933 die Altonaer Nachrichten. In den frühen Morgenstunden vor 70 Jahren wurden August Lütgens, Walter Möller, Bruno Tesch und Karl Wolff im Gefängnis des heutigen Amtsgerichts Altona mit dem Handbeil getötet. Die vier Kommunisten waren die ersten „legalen Todesopfer“ der Nazi-Justiz. In einem Schauprozess hatte das Altonaer Sondergericht am 2. Juni 1933 die KPD-Leute wegen Mordes an zwei SA-Männern verurteilt.

„Ein Justizverbrechen“, sagte Ursel Hochmuth von der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) bei einer gestrigen Gedenkveranstaltung vor dem Amtsgericht. Schon 1932 habe die Staatsanwaltschaft Beweisstücke manipuliert. Nur durch diese Urkundenfälschung konnten den Verdächtigen die Tat angelastet und weitere zwölf Kommunisten und Sozialdemokraten zu insgesamt 72 Jahren Haft wegen Beihilfe verurteilt werden.

Gleich nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten begann vor dem Sondergericht das erste Verfahren wegen der Geschehnisse vom 17. Juli 1932. An jenem Sonntag waren an die 7.000 Nationalsozialisten durch das „rote“ Altona marschiert. Dem geforderten Verbot des Marschwegs kam der damalige SPD-Polizeipräsident Otto Eggerstedt, der später im KZ Esterwegen ermordet wurde, nicht nach. Bei dem Marsch versuchte die SA, die Straßen vom „roten Gesindel“ zu säubern. Im Altonaer Zentrum kam es zu einem Schusswechsel, zwei SA-Männer wurden tödlich getroffen. Ein Zeitzeuge berichtet: „Dann sahen wir blaue Mannschaftswagen mit der Polizei, (...) und wir waren entsetzt, als wir sahen, dass der Polizist ohne weitere Anweisung (...) schoss“. Bei der polizeilichen „Befriedung“ starben 16 unbeteiligte Anwohner.

Gestern Abend gedachten über 30 Menschen der Ereignisse und erinnerten daran, dass erst 1998 ein Gericht die Urteile aufhob und die vier Ermordeten rehabilitierte. Andreas Speit