: Privatisierer fürs Wasser
Senat will Ex-Manager eines privaten Versorgers und Abwasserfachmann als neuen Geschäftsführer der Hamburger Wasserwerke ernennen
von gernot knödler
Ein ausgewiesener Privatisierungsfreund soll neuer Geschäftsführer der Hamburger Wasserwerke (HWW) werden – und das, obwohl CDU und Senat versichern, das profitable Unternehmen werde nicht privatisiert. Dass Michael Beckereit von Haus aus zudem Abwasserfachmann ist, lässt bei der Volksinitiative „Unser-Wasser-Hamburg“ alle Alarmglocken schrillen. Nach deren Horror-Szenario würden die HWW die Stadtentwässerung (HSE) von der Stadt kaufen und dies durch den Verkauf von Anteilen an einen privaten Kapitalgeber finanzieren. Vom 23. August bis zum 6. September wird die Initiative Unterschriften für ein Volksbegehren gegen den Verkauf der HWW sammeln.
Beckereit ist von der Senatskommission für öffentliche Unternehmen als Nachfolger vorgeschlagen worden. Am Freitag soll ihn der HWW-Aufsichtsrat unter Vorsitz von Umweltsenator Michael Freytag (CDU) berufen. Der jetzige Geschäftsführer Hanno Hames soll aus Altersgründen zum 1. Januar ausscheiden.
Beckereit könnte für einen Paradigmenwechsel in der Hamburger Wasserwirtschaft stehen. Zurzeit ist er Vorstandsmitglied der Emschergenossenschaft, die versucht, aus der ehemaligen Kloake des Ruhrgebiets wieder einen blauen Fluss zu machen. Von 1996 bis 2002 war er Geschäftsführer der Berliner Firma Eurawasser, einer Tochter des französischen Versorgungskonzerns Ondeo. „In Anbetracht der beruflichen Vergangenheit Dr. Beckereits ist fraglich, ob er die Hamburger Wasserwerke im Interesse des Gemeinwohls der Stadt und ihrer Bürger führen wird“, warnt Brigitta Klotz vom Arbeitskreis Wasser-Blicke.
Während HWW-Geschäftsführer Hames die Fahne der öffentlichen Wasserversorgung hochhielt, pries Beckereit die Segnungen der Privatisierung: „Effiziente Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung, soziales Engagement und regionale Verantwortung, bei gleichzeitiger Verpflichtung, dem Endverbraucher gegenüber schnellstmöglichen Service zu angemessen günstigen Gebühren zu gewährleisten.“ Eurawasser, so schrieb er 2001, könne diese These mit ihren Betriebsstätten auf eindrucksvolle Weise belegen.
230 Millionen Euro habe die Firma seit 1993 in die Modernisierung des Rostocker Wasser- und Abwassernetzes investiert, im Verhältnis von 24 zu 76 Prozent. Alle Grenzwert würden jetzt deutlich unterschritten. Allerdings sind auch die Wasserpreise um 24 Prozent gestiegen.
Die Potsdamer haben Eurawasser insbesondere wegen aus ihrer Sicht überzogenen Preisvorstellungen gekündigt und hatten dafür viel Lehrgeld zu zahlen. Nichtsdestotrotz kritisierte der Eurawasser-Geschäftsführer die deutschen Wasserpreise als im internationalen Vergleich zu hoch. Mit knapp 7.000 Unternehmen sei die Wasserversorgung zu kleinteilig organisiert, um effizient wirtschaften zu können.
Hames dagegen hatte zuletzt bei der Bilanzpressekonferenz der HWW Mitte Juni auf die gute Qualität der deutschen Wasserversorgung hingewiesen. In Deutschland betrügen die Wasserverluste aus dem Rohrnetz knapp neun Prozent, im europäischen Durchschnitt 25 bis 30, in den Privatisierungsländern Großbritannien und Frankreich bis zu 50 Prozent. Die HWW –Rohrnetzverlust weniger als vier Prozent – haben im vergangenen Jahr 68 Millionen Euro an die Stadt überwiesen und dabei 58 Millionen in die Erhaltung des Netzes investiert.
„Private Wasser-Konzerne erwirtschaften vor allem dadurch Gewinne, dass sie Re-Investitionen in den Erhalt und in die Pflege der Infrastruktur einsparen und drastisch Personal abbauen“, kritisiert Klotz. Das gehe zu Lasten der Qualität des Wassers, des Rohrnetzes und der Pflege von Wasserschutzgebieten.