: E.On-Geld floss auch zur Grass-Stiftung
Von den restlichen fünf Millionen Euro des E.On-Geldes hat das Rathaus 500.000 Euro ohne haushaltsrechtliche Grundlage an die Günter-Grass-Stiftung überwiesen. Vorsitzende des Haushaltsausschusses verlangt Rechenschaft über den Vorgang
Bremen taz ■ Die Vorsitzende des Haushaltsausschusses der Bremischen Bürgerschaft, Karoline Linnert (Grüne), hat dem Bremer Finanzsenator eine Liste von hochnotpeinlichen Fragen schriftlich übergeben. Sie will darin einiges „über die Vorgänge im Zusammenhang mit dem Verkauf von swb-Anteilen durch die Firma E.On“ wissen. „Wir arbeiten daran, möglichst schnell umfassend Auskunft zu geben“, sagt Nußbaum-Sprecher Hermann Pape. Aber das ist nicht so einfach.
Denn die Fragen haben es in sich. 20 Millionen Euro sind in diesem „Zusammenhang“ im Herbst 2003 bei der staatlichen Tochterfirma BVV („Bremer Verkehrs- und Versorgungsgesellschaft“) eingegangen. 15 Millionen davon wurden an die Internationale Universität Bremen „weitergereicht“, wie es seit dem taz-Bericht (30.6.) über den Vorgang sehr untechnisch heißt. Fünf Millionen sind noch „da“, hieß es noch vorgestern im Rathaus. Und über die könne natürlich der Haushaltsausschuss des Parlaments ordnungsgemäß entscheiden.
Diese offizielle Darstellung wirft einige Fragen auf: Warum wurde der Haushaltsausschuss nicht über die 15 Millionen informiert? Warum wurde dem Haushaltsausschuss über acht Monate und während der gesamten Haushaltsberatungen für die Jahre 2004 und 2005 nichts von dem Geld mitgeteilt? Gestern nun sickerte zudem durch: Die restlichen fünf Millionen Euro sind keineswegs „noch da“. Zehn Prozent davon, nämlich glatte 500.000 Euro, sind weg, einfach überwiesen auf das Konto des Rathauses und in der Verantwortung des Rathauses dann weitergereicht an die Günter-Grass-Stiftung. Während im Falle der IUB-Gelder erklärt wird, die Weiterleitung sei der Wunsch der E.On gewesen, kann man für die 500.000 Euro nicht einmal das. Wessen „Wunsch“ es war, ist derweil ein offenes Geheimnis: Es war der Wunsch des Bürgermeisters, die peinlich mittellose „Günter Grass-Stiftung“ endlich mal mit etwas Geld auszustatten.
Aber Bürgermeister-Wunsch bricht nicht Haushaltsrecht. Natürlich darf eine Tochterfirma der Stadt nicht einfach 500.000 Euro auszahlen, nur weil dem Bürgermeister etwas peinlich ist. Immerhin hatte Scherf schon bei der Gründung der Stiftung erklärt, der Bremer Haushalt werden zum Stiftungskapital nichts beitragen können. Auf welcher Rechtsgrundlage handelte das Rathaus? Das tangiert das vornehmste Recht des Parlaments, über die Vergabe von staatlichen Geldern im Rahmen eines Haushaltsplanes zu entscheiden.
Der Weg der 15 Millionen Euro von der E.On über das Staatskonto in die klamme Kasse der IUB ist mindestens fragwürdig und selbst dann nicht ganz korrekt, wenn man unterstellt, dass die Eon wirklich eine Weiterleitung an die IUB wünschte. Denn wenn es schlichtes Spendengeld gewesen wäre, dann hätte die E.On es direkt als Spende überwiesen. Über die Frage, warum die E.On das Geld nicht direkt überwiesen hat, wenn es denn eine Spende sein sollte, gibt es bis heute keine Auskunft – auch von der E.On nicht. Hintergrund könnte sein, dass Spenden nur bis zu einer Höhe von zwei Promille der Umsätze von der Steuer absetzbar sind. Da die E.On die 20 Millionen als Betriebsausgabe verbucht hat, war die ganze Summe absetzbar. Wenn das so gewesen sein sollte, hätte die Bremer Staatsfirma BVV für die 15 Millionen die Rolle einer Spenden-Waschanlage eigener Art übernommen.
Auch der Umgang mit den restlichen fünf Millionen aus dem E.On-Scheck entspricht nicht dem Haushaltsrecht. Das ist der Hintergrund der harmlos klingenden Fragen der Vorsitzenden des Haushaltsausschusses: „Wo findet sich diese Summe im Beteiligungs-Controlling?“ will sie zum Beispiel wissen.
„Beteiligungs-Controlling“ das ist die Verpflichtung für den Finanzsenator, über alle wesentlichen Finanzströme in den staatlichen GmbHs regelmäßig zu informieren. Die Firma BVV ist in diesem Controllining bisher schlicht nicht erfasst.
„Was war die Gegenleistung der BVV für die vereinnahmte Summe?“ ist eine weitere Frage. Gab es eine Gegenleistung – dann waren auch die 15 Millionen keine Spende. Will der Senat behaupten, die Entlassung der E.On aus einer Klausel des Kaufvertrages von 1995 (Halteverpflichtung bis 2010) sei keine Gegenleistung gewesen? Dann müsste die Buchführung der E.On korrigiert werden, in der die Summe nicht als Spende, sondern als Gegenleistung im Rahmen der Vertragsverhandlungen der Ruhrgas-Fusion verbucht wurde.
Die Haushaltsausschuss-Vorsitzende will weiter wissen, wie der Wert der „Gegenleistung“ geschätzt worden ist. Und: Wer war eigentlich berechtigt, Zusagen über die Verwendung der Mittel zu machen? Und überhaupt: Hat es in den vergangenen Jahren andere nennenswerte „Spenden“ staatlicher GmbHs an Dritte gegeben?
Die Fragen des Haushaltsausschusses haben in den Behörden für einige Kopfschmerzen gesorgt. Klaus Wolschner