Nasdaq Deutschland wackelt

Der unlängst mit großem Brimborium gestartete Deutschland-Ableger der US-Hightech-Börse steht laut Zeitungsberichten vor dem Aus. Ist der Börsenplatz Bremen in Gefahr?

Bremen/Berlin taz/dpa ■ Die hiesigen Verantwortlichen der Börse Berlin-Bremen in der Kohlhökerstraße gingen gestern ganz auf Tauchstation. Und auch in der Berliner Zentrale der Nasdaq Deutschland, an der die fusionierte Börse beteiligt ist, gab man sich wortkarg: „Gerüchte kommentieren wir grundsätzlich nicht“, hieß es dort. Die Financial Times Deutschland hatte berichtet, dem deutschen Ableger der amerikanischen Technologie-Börse Nasdaq drohe nur wenige Monate nach dem Start das Aus. Die Nasdaq Deutschland solle mangels Zukunftsperspektive noch in diesem Jahr geschlossen werden, erhärtete dpa dann im Laufe des gestrigen Tages das Gerücht – und gab als Quelle „den Kreis der Aktionäre“ an. Die endgültige Entscheidung soll auf einer Aufsichtsratssitzung am Montag fallen.

Hintergrund sind die bislang wenig erfolgreichen Auslands-Aktivitäten der US-Börse. Erwartet wird, dass sie sich im Zuge der Konzentration auf den Heimatmarkt nun auch aus Deutschland zurückziehen wird, nachdem sie sich bereits aus Brüssel und Tokio verabschiedet hat.

Die Nasdaq Deutschland war erst Ende März diesen Jahres gestartet. Die Hälfte der Anteile hält die US-Börse, den Rest teilen sich die Börse Berlin-Bremen, die Dresdner Bank und die Commerzbank. Finanziell wäre die Schließung für alle Beteiligten keine Katastrophe – das Eigenkapital beläuft sich nur auf zwölf Millionen Euro. Allerdings wäre mit dem ruhmlosen Ende ein erheblicher Imageschaden verbunden – vor allem für die erst jüngst miteinander verschmolzene Börse Berlin-Bremen, unter deren Dach der Handel stattfindet.

Einen Marktanteil am Börsenhandel in Deutschland von 15 Prozent wollten die fünf Partner eigentlich bis 2006 erreichen und hinter der übermächtigen Deutschen Börse in Frankfurt Platz zwei besetzen. Gewinne sollten „bei günstiger Marktentwicklung“ schon 2004 geschrieben werden, hieß es noch vor wenigen Monaten. Davon ist längst keine Rede mehr. Trotz eines leichten Aufschwungs an den Aktienmärkten sind die Umsätze noch weit vom Vorjahres-Niveau entfernt. Ganze 147 Millionen Euro zählte die Nasdaq Deutschland im Juni.

„Das Zurückziehen der Amerikaner bereits vor geraumer Zeit war natürlich ein veheerendes Signal“, kommentierte der Erlangener Professor für Börsenwesen Wolfgang Gerke die Gerüchte gegenüber der taz. Wenn man „so ein Projekt groß ankündigt und dann so schnell die Flinte ins Korn wirft“, nehme es ihn nicht Wunder, dass die Börse kaum Umsätze mit Privatanlegern gemacht habe, so Gerke. Er wäre mithin überhaupt nicht überrascht, wenn jetzt „die ganze Veranstaltung sang- und klanglos zurückgezogen“ würde.

Das Bremer Wirtschaftsressort wollte die Gerüchte um ein Aus für die Nasdaq Deutschland gestern nicht kommentieren. Doch „unabhängig davon gehen wir davon aus, dass Bremen weiterhin Börsenplatz bleibt“, sagte Ressort-Sprecher Stefan Luft. jox