: „Man kann sich nicht zu sicher fühlen“
Uwe Stindt, der Geschäftsführer des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg, warnt angesichts des anstehenden Wettbewerbs im Nahverkehr vor Selbstzufriedenheit und befürwortet ein Engagement über den lokalen Markt hinaus
taz: Herr Stindt, Wettbewerb im Nahverkehr im Jahr 2008 – was steckt hinter diesem Datum?
Uwe Stindt: Für Berlin heißt das, dass dann ein 1999 geschlossener Vertrag zwischen Land und der BVG ausläuft …
… der der BVG bislang ein Monopol gewährt?
Korrekt. 2008 muss politisch entschieden werden, ob so weiter gemacht werden soll oder ob der Verkehr ausgeschrieben und im Wettbewerb an den Günstigsten vergeben wird. Ohne den Vertrag ginge das auch heute. Das machen die deutschen Städte natürlich nicht so gerne, solange ihnen die Verkehrsunternehmen gehören. Es wäre ja dumm, dem eigenen Betrieb den Auftrag wegzunehmen, aber als Eigentümer weiterhin die ganzen Kosten zu tragen.
Welche Rolle spielen dabei Vorgaben der EU-Kommission?
Eine Richtlinie dazu ist noch in der politischen Diskussion in Brüssel. Dort ist bereits vorgesehen, den Wettbewerb zu fördern. Man weiß aber etwa nicht, ob es Übergangsfristen geben wird.
Sind denn die im Verkehrsverbund vertretenen Unternehmen ausreichend auf einen freien Markt vorbereitet?
Ich will es hoffen, weil dort eine Menge Steuergelder reingeflossen ist. Wir haben wettbewerbsfähige Preise genannt und klar gemacht, dass diese Voraussetzung zum Bestehen im Markt sind. Eine ganze Menge unserer Unternehmen erreichen diese Zielzahlen, und viele andere sind auf dem Weg dahin.
Wie steht es um die BVG?
Bei der BVG muss man das unterschiedlich sehen. Es wird sicherlich sehr schwierig, U-Bahn- und Straßenbahnverkehre auszuschreiben. Beim Busverkehr ist es deutlich leichter, man könnte ihn etwa nach Bezirken aufteilen. Hier könnte schneller ausgeschrieben werden.
Welche Erfahrungen gibt dazu es im Ausland?
Es gibt Länder, in denen total liberalisiert worden ist, wie in Großbritannien …
… da hört man Horrorstorys.
Ja, aber was würden Sie machen, wenn Sie von heute auf morgen alle Zuschüsse verlieren? Es stimmt natürlich, dass man viel Lehrgeld bezahlt hat. Ausgeschrieben wird auch in Frankreich mit Ausnahme von Paris. Das klappt in der Regel gut. Es gibt ja auch in Deutschland Fälle, in denen Private die Stadtwerke übernommen haben. Dort fahren die Busse auch pünktlich und gut. Als kommunales Unternehmen kann man sich nicht zu sicher fühlen.
CDU-Verkehrsexperte Kaczmarek sagt, ein kommunales Unternehmen, das sich auf den kommunalen Markt beschränkt, ist in zehn Jahren nicht mehr überlebensfähig.
Er hat insofern Recht, dass es passieren kann, einen Teil des einheimischen Marktes zu verlieren. Kann ein Verkehrsunternehmen das nicht ausgleichen, hat es nur die Möglichkeit, immer kleiner zu werden. Eventuell kommt der Punkt, ab dem ein solches Unternehmen nicht weiter bestehen kann. Ein gutes Gegenbeispiel ist die Hamburger Hochbahn. Sie fährt den Verkehr in Hamburg, gibt Angebote mit Partnern im Schienenverkehr ab und denkt darüber nach, anderswo Busunternehmen zu kaufen.
INTERVIEW: STEFAN ALBERTI