Kommentar: Grüne auf Erfolgskurs : Die richtige Strategie
Die Lust am Streit ist ihnen vergangenen: Beinahe ängstlich vermieden Nordrhein-Westfalens Grüne, vor wenigen Jahren noch gebeutelt vom innerparteilichen Kampf um Kriegseinsätze wie im Kosovo, auf ihrem Landesparteitag in Hagen jede inhaltliche Konfrontation: Keine Gegenkandidaten hatten nicht nur die beiden wiedergewählten Parteichefs Schmidt und Haßelmann – Beschlüsse fielen mit mindestens 97-prozentiger Mehrheit, Strittiges wie die Auseinandersetzung zum Kopftuchstreit wurde einfach vertagt.
Machttaktisch scheint das die eindeutig richtige Strategie. Geschlossen, basisdemokratisch, mit klarem Profil und Programm gehen die Grünen in den anstehenden Kommunalwahlkampf: Das ist die Botschaft, die von Hagen ausgeht – und ausgehen sollte. Ängstlich versuchten Vorstand und Präsidium etwa, einen Beschluss zur Bürgerversicherung zu verhindern. Die Landespartei möge sich doch vor der entscheidenden Bundesparteitag im Oktober bitte nicht festlegen – der heimliche Parteichef Joschka Fischer habe noch nicht entschieden, der Landesverband könnte im Streit mit der mächtigen Bundespartei eine die Wahlchancen mindernde Niederlage erleiden.
Dennoch: Ein Niedergang demokratischer Kultur ist das nicht. Völlig souverän ignorierten die Delegierten das Votum ihrer Parteiführung. Sie votierten einstimmig für die sozialverträgliche, weil einkommensabhängige Bürgerversicherung. Nordrhein-Westfalens Grüne sind erwachsen geworden – und bleiben doch spontan. ANDREAS WYPUTTA