Das Beste: Gebührensenkung für alle

Nicht nur Großkunden sollten weniger Abwassergebühren zahlen, rät ein Gutachten, das der BEB-Personalrat eingeholt hat. Der Bremer Senat will morgen aber grünes Licht für eine private Abwasser-GmbH geben, die Firmen Steuer-Spartricks ermöglicht

Bremen taz ■ Bremen ist bei den Abwassergebühren traurige Spitze. Das ergab ein Städte-Ranking der Zeitschrift Wirtschaftswoche. Im 50-Städte-Vergleich zahlt danach nur der Einwohner von Halle mehr als die bremischen 2,79 Euro pro Kubikmeter Abwasser. „Bremen hat daher allen Grund, Handlungsspielräume zur Senkung der Abwassergebühren ernsthaft zu prüfen“, sagt Professor Ernst Mönnich von der Hochschule Bremen. Die Pläne des Umweltressorts, Firmen mit einer weiteren Privatisierung im Wasser-Sektor einen Steuertrick zu ermöglichen, der die Abwasserkosten für Großkunden senken würde, kritisiert der Experte für Wirtschaftsförderung als zu riskant und nicht zukunftsweisend. Genau das allerdings plant der Bremer Senat.

Aus einer zwischen den Ressorts Umwelt, Finanzen und Wirtschaft abgestimmen Vorlage geht hervor, dass es für die Gründung einer privaten Entwässerungs-GmbH morgen grünes Licht geben soll. Gäbe es eine solche GmbH, bekämen Wasserverbraucher künftig ihre Abwasserrechnung von einer rein kommunalen, privaten Entwässerungs-GmbH – statt wie bislang von den Bremer Entsorgungsbetrieben (BEB). Diese private Gesellschaft wäre – anders als der Eigenbetrieb BEB – allerdings umstatzsteuerpflichtig. Rund 300.000 Euro jährlich würden die Mehrkosten betragen, so die Senatsvorlage. Dann müssten die Gebühren steigen.

Umgelegt auf alle Kunden würde der Kubikmeter Dreckwasser dann 2,80 Euro kosten, statt wie bisher 2,79 Euro. Dumm für Private, gut aber für Gewerbekunden: Die nämlich könnten dann auf ihre Rechnung Vorsteuer ziehen – und so bei dem Satz von 16 Prozent Mehrwertsteuer rund 38 Cent pro Kubikmeter an Steuern sparen. Geld, das Bundesfinanzminister Hans Eichel nie sehen würde, das Bremens Haushalt aber nicht berührt.

Die so gesenkten Nebenkosten wären ein Beitrag zur Standortsicherung – meinen Firmenvertreter, die in der Handelskammer den Anstoß zur Kostensenkung gaben. 18 Monate lang brüteten sie über verschiedenen Möglichkeiten. Vor allem die Nahrungsmittelindustrie gilt als hoch belastet. Nun allerdings sind die Unternehmer selbst wieder gefordert: Aus dem Haus von Umweltsenator Jens Eckhoff (CDU) kam die Maßgabe, dass die weitere Privatisierung Privatabnehmer nicht mit höheren Kosten belasten dürfe. Schon ist ein Ausweg ersonnen: „Die beteiligten Unternehmen haben sich dem Grund nach inzwischen bereit erklärt, der Entwässerungs-GmbH einen Gesamtzuschuss von 300.000 Euro jährlich zukommen zu lassen“, heißt es in der Senatsvorlage. Diese Absprache über eine neuartige Bremer Firmenspende solle für die nächsten zehn Jahre gelten. Für private Wasser- und Abwasserkunden bliebe die Neuregelung so ein Nullsummenspiel.

Professor Ernst Mönnich, den der BEB-Personalrat mit einem Gutachten beauftragt hat, warnt vor rechtlichen Komplikationen einer weiteren Ausgliederung. Es bestehe die Gefahr, dass Verträge, die Bremen im Zuge der Privatisierung des Abwassersektors 1998 mit der Hansewasser GmbH getroffen hatte, dadurch ungültig würden. „Dann stünde das gesamte Privatisierungskonzept mit Hansewasser rechtlich zur Disposition.“ Die Folgen müssten Bremens Steuerzahler tragen. Zudem sei zu bAusefürchten, dass die Bürgerschaft bei einer weiteren Privatisierung das Recht verliere, Gebühren festzulegen. Die BEB-Privatisierung von 1998 sieht Mönnich bis heute „mit deutlichen Zweifeln behaftet.“ Ganz untypisch bei Privatisierungen habe sie nämlich nicht zur Qualitätsverbesserung oder Kostensenkung geführt. Heute könnten „die privaten Erwerber der Abwasserbetriebe sich einer praktisch risikolosen Eigenkapitalrendite von derzeit mindestens 19,6 Prozent erfreuen.“ Auch die jetzt geplante Ausgründung strebe keine echte Kostensenkung an.

Auf 16,5 Millionen Euro Jahresüberschuss bei der Hansewasser GmbH weist auch der BEB-Personalrat hin. Den Steuer-Spartrick könnten andere ebenso anwenden – dann sei der Standortvorteil futsch. Da in Bremen jeder Einwohner im Länderfinanzausgleich zähle, werde eine echte Gebührensenkung gebraucht – für alle. ede