: Der Streit um die Zusammenfassung
Das Verbraucherministerium ist mit einer Studie zur Lebensmittelqualität unzufrieden, die es selbst in Auftrag gab
BERLIN taz ■ Das gängige Klischee geht so: Biomilch, Ökoapfel, biologisch angebaute Haferflocken sind gesünder. Damit räumt jetzt eine Studie auf, die rund 20 Forschungsinstitute im Auftrag des Bundesministeriums für Verbraucherschutz erarbeitet haben. „Bis heute gibt es keinen wissenschaftlichen Nachweis, dass der ausschließliche oder überwiegende Verzehr von ökologisch erzeugten Lebensmitteln direkt die Gesundheit des Menschen fördert“, heißt es in der Zusammenfassung.
„Wer nur die Zusammenfassung liest, übersieht wichtige Details“, sagt Alexander Müller, Staatssekretär im Verbraucherschutzministerium, zur taz. „Die Studie gibt sehr wohl starke Hinweise darauf, dass ökologisch erzeugte Lebensmittel für die Ernährung wertvoller sind.“ So honoriert die Studie etwa, dass Bioprodukte kaum Nitrat enthalten. Weil sich aus Nitraten Krebs auslösende Nitrosamine bilden könnten, plädieren Ernährungsforscher dafür, den Ökostandard auch auf konventionelle Produkte anzuwenden. In Öko-Brokkoli fanden die Forscher etwa die 2- bis 6fache Menge an Sulfhoraphan. Das Enzym schützt Tiere in Versuchen vor Krebs, ähnlich positive Wirkungen werden auch beim Menschen vermutet.
Nachvollziehbar: Sulfhoraphan gehört zu den sekundären Pflanzenstoffen (SPS), die als potenziell gesundheitsfördernd gelten. „Im Ökoanbau müssen sich Pflanzen stärker gegen Insekten oder Pilze wehren, produzieren deshalb mehr Abwehrstoffe, die SPS“, so Bernhard Tauscher, Leiter der Bundesforschungsanstalt für Ernährung und einer der Autoren. Auch im Geschmack konnte Öko punkten: Bei Äpfeln gebe es einen „Trend zu einem höheren Genusswert“. Außerdem präsentiert die Studie Schweizer Forschungsergebnisse, nach denen Biokarotten besser schmecken.
Vor Beginn der wissenschaftlichen Arbeiten sind nach Müllers Angaben viele Autoren der Überzeugung gewesen, dass es keinen gesundheitsrelevanten Unterschied zwischen Öko- und konventionellen Lebensmitteln gebe. Auch wenn sich diese Auffasung in der Zusammenfassung widerspiegelt – der Studieninhalt spricht eine andere Sprache. Staatssekretär Müller: „Für mich bedeutet das, dass sich unsere Ressortforschung noch stärker dem ökologischen Anbau widmen muss.“ BERND MIKOSCH