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Archiv-Artikel

Spedition Galaktika

Für eine Milliarde Euro werden in Bremen sechs Raumtransporter gebaut. Sie sollen die Internationale Raumstation ISS versorgen

Von fis

Bremen taz ■ Einen Vertrag über eine Milliarde Euro für den Bau und Betrieb von sechs vollautomatischen Raumtransportern des Typs ATV (Automated Transfer Vehicle) wurde gestern in Bremen unterzeichnet. Und zwar von der europäischen Weltraumorganisation ESA und der deutsch-französischen EADS Space Transportation. Den Abbau von 300 der insgesamt 1.100 Arbeitsplätze am Standort Bremen könne das Unternehmen aber nicht verhindern, bestätigte Pressesprecher Mathias Spude.

Das Antriebsteil und die Computersteuereinheit, also Motor und Gehirn des Lastkraft-Raumschiffes, wurden in den EADS-Werkhallen am Bremer Flughafen gefertigt. Hierzu lieferten insgesamt 30 Raumfahrtunternehmen in zehn europäischen Ländern sowie mehrere russische Firmen die Einzelteile. Aus Italien stammt der Transportcontainer, der neun Tonnen Fracht aufnehmen kann.

Das erste, „Jules Verne“ getaufte ATV ist 20 Meter lang, über vier Meter breit, 20 Tonnen schwer und sieht aus wie eine galaktische Waschmaschinentrommel. Aus der jetzt anstehenden Testphase wird der Raumtransporter direkt zum Weltraumflughafen Kourou (Französisch-Guayana) verschifft. Von dort soll er im Oktober 2005 an Bord einer Ariane-5-Rakete in die Erdumlaufbahn geschossen werden.

Zweck des ATV ist die Versorgung der Astronauten auf der Internationalen Raumstation (ISS) mit Wasser, Nahrungsmitteln, Atemluft, wissenschaftlichem Gerät und Treibstoff. Der Raumtransporter dockt sechs Monate lang wie ein mobiles Lager an die ISS an, wird dann mit Müll beladen, wieder abgekoppelt – und soll im All verglühen. Reste könnten dabei in den Südpazifik plumpsen, wie es in einer Pressmitteilung heißt.

Die ISS ist ein gemeinsames Projekt der USA mit Europa, Japan, Kanada und Russland. Die Raumstation umrundet seit 1998 im 90-Minuten-Takt die Erde in fast 400 Kilometer Abstand – als einziger Wissenschaftsstandort im Orbit. Als „Weltwunder“ war sie angepriesen worden. Aber die weltweiten Finanznöte der Regierungen sowie der Absturz des Space Shuttle „Columbia“ warfen das multinationale Prestigeobjekt zurück. Als „Bauruine“ wurde es befeindet. Teilweise hielt nur eine Notbesatzung von maximal drei Astronauten die Technik am Laufen. Da das Space Shuttle erst kommendes Jahr seine Carrier-Dienste wieder aufnimmt und definitiv 2010 eingestellt wird, so hofft man bei EADS, wäre man mit dem ATV dann Marktführer. Denn die russische und japanische Konkurrenz würde nur kleinere Raumtransporter produzieren.

2006 soll endlich auch das von EADS mitentwickelte europäische Labormodul „Columbus“ für zehn Jahre an ISS andocken. Forschungsstätten für Biotechnologie, Humanphysik, Halbleitertechnik, Materialwissenschaft und Pharmaentwicklung stünden dann in der Schwerelosigkeit zur Verfügung. fis