DIE NACHBESSERUNG ZUR HARTZ-REFORM BRINGT DIE INNERE EINHEIT VORAN
: Gleiche Regeln für Ost und West

Sie haben ihren Auftritt jetzt gehabt. Einigen der ostdeutschen Ministerpräsidenten stehen im Herbst Wahlen ins Haus. Da traf es sich gut, dass sie am Montagabend im Kanzleramt noch einmal ihren harschen Protest gegen die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe zu Protokoll geben konnten. Und Kanzler Gerhard Schröder durfte noch mal demonstrieren, dass er den populistischen Wankelmut hinter sich gelassen und bei der Hartz-Reform keine Abstriche gemacht hat.

Aller routinierten Rhetorik zum Trotz ist es aber eine völlige Kehrtwende, die Kanzler und Länderchefs vollzogen. Knapp 15 Jahre nach dem Fall der Mauer haben sie erstmals keine Extrawürste für den Osten mehr gebraten, sondern einheitliche Kriterien für das ganze Land definiert: Wo die Arbeitslosenquote mehr als 15 Prozent beträgt, sollen die allseits geschmähten Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen unter neuem Namen zurückkehren.

Zunächst mag die Unterscheidung eher akademisch sein, weil gerade mal eine Hand voll ostdeutscher Arbeitsamtsbezirke aus der Förderung herausfällt. Umgekehrt können im Westen allenfalls Gelsenkirchen oder Dortmund auf staatlich geförderte Jobs hoffen. Aber auch dieser kleine Anfang ist ein wichtiges Symbol: Endlich reagiert die staatliche Förderpolitik auf die berechtigte Frage, warum eigentlich das verarmte Ruhrgebiet etwa den Hightech-Standort Jena subventionieren soll.

Nur scheinbar steht der Kompromiss vom Montag im Widerspruch zu den Reformvorschlägen, die der Regierungsberater Klaus von Dohnanyi jüngst für die Ostförderung unterbreitete. Er wollte nur noch „Wachstumskerne“ gefördert sehen, jetzt pumpt die Regierung das Geld gezielt in die ärmeren Regionen. Aber hier gilt es zwischen Arbeitsmarktpolitik und Wirtschaftsförderung zu unterscheiden. Doch auch bei der Förderpolitik sollte sich das Prinzip der Gleichbehandlung durchsetzen. Wenn beispielsweise die bayerische Staatsregierung schon seit Jahrzehnten viel Geld in die Wachstumsregion München pumpen darf, dann sollten auch Dresden oder Jena in den Genuss solcher Privilegien kommen. RALPH BOLLMANN