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Archiv-Artikel

Morgan Stanley kauft sich frei

Um einem Prozess wegen Frauendiskriminierung zuvorzukommen, bietet die Investmentbank 54 Millionen Dollar als Vergleich an. Das Geld teilen sich 340 Frauen

NEW YORK taz ■ Im mit Spannung erwarteten Prozess der Equal Employment Opportunity Commission gegen Morgan Stanley wegen systematischer Diskriminierung der weiblichen Angestellten ist es zu einer überraschenden Wende gekommen: Kurz vor Beginn des Prozesses hat sich die US-Investmentbank mit der Gleichstellungsbehörde auf einen Vergleich und eine Zahlung von 54 Millionen Dollar geeinigt. Auf diese Art konnte die zweitgrößte Investmentbank der Vereinigten Staaten in letzter Minute die Eröffnung eines Gerichtsverfahrens verhindern.

Beide Seiten können mit dem Vergleich zufrieden sein: Morgan Stanley brauchte nun kein öffentliches Schuldeingeständnis abzulegen. Für die 340 Klägerinnen, die seit 1995 bei der Firma angestellt waren, werden zusammen 40 Millionen Dollar in einem Fonds zur Seite gelegt. Mindestens 12 Millionen Dollar fließen dabei in die Taschen der Hauptklägerin Allison Schieffelin. Die ehemalige Anleihenhändlerin, die über 1,3 Millionen Dollar im Jahr verdiente, führte die Sammelklage an. Sie war vor drei Jahren von der Commission ins Rollen gebracht worden. Wichtig ist den Klägerinnen, dass 2 Millionen Dollar zur Finanzierung eines Programms gegen Diskriminierung von Frauen bei Morgan Stanley verwendet werden sollen. Das Projekt soll von außen stehenden ManagerInnen überwacht werden und Frauen beim Aufstieg in höhere Positionen bei der Investmentbank unterstützen.

Der nun verhinderte Prozess hätte sehr peinlich für Morgan Stanley werden können. Ziel der Commission war es, über 20 ehemalige weibliche Angestellte in den Zeugenstand zu rufen. Ihr Vorwurf: Sie seien schlechter bezahlt worden als ihre männlichen Kollegen und hätten keinen Zugang zu Führungspositionen gehabt. Als erste Zeugin sollte Schieffelin vernommen werden. Sie kämpfte nach eigenen Angaben um eine Beförderung, während männliche Kollegen, die sie selbst ausgebildet hatte, an ihr vorbeizogen. Außerdem wurde sie von ihren männlichen Kollegen vom Golfspielen und der Betreuung von Kunden in Striptease Clubs ausgeschlossen. Als sie sich gegen diese schlechtere Behandlung beschwerte, habe man sie kurzerhand rausgeschmissen.

Die Wall Street ist schon lange als Männergesellschaft bekannt, in der Frauen es schwer haben, sich durchzusetzen. Klagen über Diskriminierung gibt es viele. In der Regel werden die Verfahren aber nicht ausgefochten, sondern vorher in einem Vergleich beigelegt. Vor sechs Jahren hatte zum Beispiel die Investmentbank Merrill Lynch ebenfalls so eine Klage aus der Welt geschafft. Für Schlagzeilen sorgte dagegen ein Prozess gegen die Wall-Street-Firma Smith Barney in den Neunzigerjahren. Die Firma hatte einen so genannten Boom Boom Room, in dem männliche Angestellte der Firma in New Jersey ihre Kolleginnen mit sexuellen Anzüglichkeiten unter Druck setzten. Doch auch dieses Verfahren endete in einem Vergleich. HEIKE WIPPERFÜRTH