: Psychotherapien können helfen
betr.: „Der Gesundheitsentzug“
„Ich arbeite in einem Haus voller seelisch kranker Menschen, ganz ähnlich wie eine Psychiatrie, nur dass ich sie nicht behandeln kann.“ Mit dieser Aussage verblüffte mich vor einigen Jahren eine im Strafvollzug tätige Psychologin, mit der ich seither als externer Psychotherapeut kooperiere. Sie ist für derart viele Häftlinge zuständig und mit ihrem Budget so eingeschränkt, dass sie nur bei einem Bruchteil für eine angemessene psychiatrische oder psychotherapeutische Behandlung sorgen kann. Doch bei etlichen der Häftlinge, mit denen ich seither psychotherapeutisch gearbeitet habe, habe ich den Eindruck gewonnen, dass die Therapie half, ihre Straffälligkeit und den Weg dahin zu verstehen und das Risiko einer Wiederholung zu vermindern. Bis zu ihrer Inhaftierung ist ihr Delikt für viele Straffällige in fataler und von ihnen nicht umfassend steuerbarer Weise zwangsläufig. Psychotherapien können helfen, solche für Opfer, Gesellschaft und Straffällige gleichermaßen destruktiven Verläufe zu durchbrechen, was vielen Straftätern ohne Unterstützung nicht gelingt. Wie widersinnig für ein Gemeinwesen, wenn die Menge an Zeit, die Verurteilte während ihrer Inhaftierung haben, so oft vertan wird! STEFAN BAIER, Offenbach