piwik no script img

Archiv-Artikel

Stammzellen für Helene

In Hamburg suchen Eltern für ihre drei Monate alte Tochter verzweifelt einen Knochenmarkspender. 3,3 Millionen Deutsche sind bereits registriert, um Leukämiekranken das Leben zu retten. Doch nur selten passt das Gewebe

Die drei Monate alte Helene aus Hamburg ist ungewollt berühmt geworden. Ungewollt, weil sie an Leukämie erkrankt ist und ihre Eltern nun versuchen, einen Knochenmarkspender zu finden. Fotos der pausbäckigen Helene sowie der Aufruf zu einem Typisierungstermin am Freitag finden sich in diesen Tagen in vielen Zeitungen wieder.

Finanziert wird die Aktion von der Deutschen Knochenmarkspenderdatei (DKMS), die mit rund 1,7 Millionen registrierten Spendern die weltweit größte Einzeldatei ist. Insgesamt sind in Deutschland etwa 3,3 Millionen Menschen registriert, um bei Bedarf einem Blutkrebspatienten mit den eigenen Stammzellen das Leben zu retten. Das gesundheitliche Risiko, das die Spender bei dieser Stammzellentransplantation eingehen, sei sehr gering, sagt der Direktor des Instituts für Transfusionsmedizin am Hamburger Uniklinikum Eppendorf (UKE), Peter Kühnl. So gebe es bei der ersten Variante, der Entnahme von Knochenmark am Becken, nur das allgemeine Risiko der Vollnarkose.

Allerdings würden nur noch fünf Prozent der Spender diese Form wählen. Viel öfter entschieden sie sich dagegen für die so genannte periphere Stammzellentnahme. „Das ist ungefährlich und bequem“, sagt Kühnl. Dabei werde mit einem hormonellen Hilfsmittel das Knochenmark zum Wachsen angeregt. Nach fünf Tagen müsse der Spender Blut abgeben, welches in einer Zentrifuge getrennt werde. Zum Schluss würden die wertvollen Stammzellen in einem Beutel gesammelt.

Am UKE sind bisher 21.000 Menschen registriert. Die Chance, dass deren Gewebemerkmale mit denen eines Patienten mit Blut- oder Lymphknotenkrebs übereinstimmen, ist jedoch gering. Nach Angaben der DKMS kommt es bei höchstens fünf von hundert potenziellen Spendern innerhalb der nächsten zehn Jahre zu einer Stammzellenspende. Wohl deshalb ist das Echo in den Medien, wie im Fall Helene, besonders groß.

Solche Einzelschicksale bewegen die Menschen, sagt Peter Kühnl vom UKE. „Auf einmal bekommt diese Krankheit ein Gesicht.“ Mütter würden bei dem Anblick eines Babys auf der Titelseite unwillkürlich an das eigene Kind denken und deshalb bereitwillig spenden. Genug Spender gibt es deshalb aber noch lange nicht. Allein in Hamburg erkranken rund hundert Menschen im Jahr an Leukämie. Diese krankhafte Vermehrung der weißen Blutkörperchen kann häufig mit Chemo- oder Strahlentherapien bekämpft werden.

Hilft selbst das nicht mehr, ist eine Übertragung von gesunden Stammzellen die letzte Chance, um den Erkrankten zu retten. Laut DKMS gibt es nur für jeden dritten Leukämiepatienten einen geeigneten Spender innerhalb der eigenen Familie. Die anderen sind auf passende Stammzellen eines Fremden angewiesen. Neben dem Typisierungstermin für die erkrankte Helene bietet das DKMS auch eine Online-Registrierung an. Danach erhält der spätere Spender per Post zwei Wattestäbchen. Mit diesen kann der Abstrich von der Mundschleimhaut zu Hause genommen und eingeschickt werden. UTA GENSICHEN

Hilfsaktion für Helene, 14 bis 20 Uhr, Bucerius Law School, Jungiusstraße 6, Hamburg, www.hilfe-fuer-helene.de