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Archiv-Artikel

Einblick (11)

Christian NagelGalerist

taz: Seit wann und warum leben Sie in Berlin?

Christian Nagel: Ich habe im Januar 2002 meine Galerie in Berlin eröffnet. Seitdem lebe ich ein Drittel in Berlin, ein Drittel in Köln und ein Drittel überall anderswo. Seit der obligatorischen Reise in der elften Klasse hat es mich privat und beruflich immer wieder hierher gezogen. Ich konnte mich aber nie durchringen, ganz in dieser Stadt zu leben, sodass mir die Entscheidung für eine Berliner Dependance sehr plausibel erschien.

Wie wichtig ist der Standort Berlin für Ihre Arbeit?

Seit einigen Jahren kann man sich des kulturellen Sogs Berlins nicht mehr entziehen. Hierbei erscheinen mir neben der Kunstszene die anderen Szenen und ihre Diskurse von entscheidender Bedeutung. Es gibt sicherlich in wenigen Großstädten ein derartiges Produzenten-Kapital. Leider wird es am Standort Berlin nicht richtig zur Kenntnis genommen, und ohne andere Orte wäre zumindestens eine Galerietätigkeit nicht möglich, da es nach wie vor nur ganz wenige Berliner SammlerInnen gibt.

Woran arbeiten Sie gerade?

Wir eröffnen am 8. August die Ausstellung „Set Up“ von Diego Fernandez, einem chilenischen Künstler, der seit einigen Jahren in New York lebt. Zum Artforum, auf dem es neue Arbeiten von Cosima von Bonin, Kai Althoff und Michael Krebber zu sehen gibt, zeigen wir in der Galerie den Grazer Künstler Jörg Schlick, der am Eröffnungsabend der Messe auch ein von ihm konzipiertes Ballett mit zwei Tänzern in der Volksbühne vorführen wird.

Was wundert Sie in der Berliner Kunstlandschaft am meisten?

Wir haben in Berlin einen Oberbürgermeister, der unter Kultur und Kunst zumeist den Gesellschaftstanz versteht, und einen Kultursenator, der von bildender Kunst anscheinend rein gar nichts versteht. Sodass sich von offizieller Seite fast niemand der internationalen Bedeutung der bildenden Künstler, die in Berlin leben und arbeiten, bewusst ist, geschweige denn ihres Einflusses auf die Entwicklung Berlins nach der Wiedervereinigung.