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Archiv-Artikel

Die Tour als Jackpot

Auf den ersten elf Etappen der Tour de France sorgten die französischen Fahrer für Euphorie im Gastgeberland

LA MONGIE dpa ■ Nach Jahren mit nur mäßigen Erfolgen von heimischen Fahrern gibt es für die Franzosen bei der 91. Tour de France endlich wieder reichlich Grund zum Feiern. Die Etappensiege von Jean-Marie Nazon, Richard Virenque und David Moncoutié sowie die verblüffende Erfolgsstory von Thomas Voeckler in Gelb weckten neue Euphorie. Endlich sind die Franzosen nicht nur Gastgeber des alljährlichen Spektakels, sondern auch Hauptdarsteller. „Das Ende der Komplexe“, titelte die Sportzeitung L’Equipe gestern voller Genugtuung.

Wehmütig denkt die Radsportnation seit Jahren an jene großen Tage von Bernard Hinault zurück, der 1985 als letzter Franzose die Tour gewann. Zwar ist noch immer kein zweiter Hinault in Sicht, doch die jüngsten Erfolge entschädigten ein wenig für den Frust vergangener Jahre. Während sich die Teams der Favoriten Armstrong (US Postal) und Ullrich (T-Mobile) mit Blick auf die Berge noch zurückhielten, suchten die heimischen Fahrer ihr Heil in der Flucht nach vorn. Spätestens seit der über 200 Kilometer langen Solofahrt von Virenque am Mittwoch zum Sieg in St. Flour ist die Tour in aller Munde. Die Angriffslust der heimischen Fahrer und die wachsende Begeisterung der zahllosen Fans an den Straßenrändern ist auch dem deutschen Radprofi Jens Voigt vom Rennstall CSC des ehemaligen Gesamtsiegers Bjarne Riis (1996) nicht entgangen: „Die Franzosen machen hier die große Show. Für die ist das wie ein Jackpot.“

Neben dem ohnehin sehr populären Virenque hat auch Voeckler den Weg in die Herzen seiner Landsleute gefunden. Nur wenige hatten dem im Elsass geborenen und in Martinique aufgewachsenen Radprofi einen solch starken Auftritt zugetraut. Das Gerede von einem Zufallstreffer, nachdem er bei der 5. Etappe in Chartres Lance Armstrong das Gelbe Trikot abgenommen hatte, ist längst verstummt: Denn zu Beginn der gestrigen 12. Etappe hinein in die Pyrenäen führte Voeckler noch immer die Gesamtwertung an. Enthusiastisch feierten die Zeitungen den 109. der Weltrangliste als Vertreter des „jungen, frischen und ehrlichen französischen Radsports“. Vor allem das Lob der L’Equipe gab die Gefühlslage der Nation wieder: „Voeckler erhellt eine Radsport-Welt mit viel Schatten.“