EU-Plebiszit strittig

Fürsprecher aus allen Lagern für Volksabstimmung über EU-Verfassung, aber Bundesregierung dagegen

BERLIN dpa/afp ■ Trotz vermehrter Forderungen strebt die Bundesregierung nach wie vor keine Volksabstimmung über die EU-Verfassung an. In dieser Frage sei ein „Stück Realismus geboten“, sagte Vizeregierungssprecher Hans-Hermann Langguth gestern unter Hinweis auf die Verfassungslage. Danach bedarf es einer Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat, um Referenden im Grundgesetz zu verankern.

In mehreren EU-Staaten – darunter auch Frankreich – wird hingegen das Volk in den nächsten Monaten direkt Ja oder Nein zur Verfassung sagen können. Zuvor hatte sich vor allem Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) erneut für eine Volksabstimmung ausgesprochen. Der saarländische SPD-Vorsitzende Heiko Maas schloss sich der Forderung an: „Es ist nur sinnvoll, in dieser wichtigen Frage die Bürger direkt an der Entscheidung zu beteiligen“, sagte Maas der Berliner Zeitung. Eine solche Abstimmung könne die Akzeptanz der Europäischen Union stärken.

Vertreter der CDU widersprache Stoiber vehement. So hatte der CDU-Europapolitiker Peter Hintze argumentiert, dass eine Volksabstimmung häufig eine Stimmungsentscheidung gegen die jeweilige Regierung sein könne. Die FDP sieht sich dagegen gestärkt. FDP-Chef Guido Westerwelle kündigte an, nach der parlamentarischen Sommerpause einen Antrag auf Grundgesetzänderung in den Bundestag einbringen zu wollen.

Langguth sagte dagegen, die Verfassungslage gebe eine Volksabstimmung „ganz klar und eindeutig“ nicht her. Die Bundesregierung werde daher den Prozess der Ratifizierung auf dem Weg, den das Grundgesetz derzeit vorsieht, vorantreiben. Ziel sei eine Verabschiedung in diesem Jahr. Mit Blick auf Stoiber erinnerte er daran, dass es die Union gewesen sei, die sich in der vorigen Legislaturperiode der Einführung plebiszitärer Elemente ins Grundgesetz widersetzt habe.

Grünen-Chef Reinhard Bütikofer sprach sich erneut für einen europaweiten Volksentscheid über die EU-Verfassung aus. Dies sei ein möglicher Weg, den die Staats- und Regierungschefs der EU vereinbaren könnten, sagte Bütikofer gestern im Deutschlandradio. Gleichzeitig sprach er sich generell für Volksentscheide auf Bundesebene aus. Die Bürger sollten bei allen oder keinen Themen abstimmen dürfen. „Rosinenpickerei“ lehnte er ab. Bütikofer wandte sich auch gegen die Haltung von CSU-Chef Edmund Stoiber, der wie in Großbritannien und Frankreich ein Referendum über die EU-Verfassung auch in Deutschland verlangt hatte, ansonsten aber das Volksbefragung ablehne.